Wasserstoffinfrastruktur: Lingen geht ans Netz

Grüner Wasserstoff soll künftig zu einer wichtigen Säule der Energiewende werden. Wie das funktionieren kann, wird nun auch verstärkt in der Praxis erprobt. Die Initiative GET H2 geht dabei jetzt voran, und will in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Deutschlands erstes öffentliches Wasserstoffnetz aufbauen und damit die Wasserstoffinfrastruktur fördern.

Mit seinen rund 55.000 Einwohnern ist Lingen eine eher beschauliche Stadt im Emsland, der westlichsten Region Niedersachsen. Als Standort der deutschen Energiewirtschaft ist der Ort dagegen schon länger ein wichtiger Punkt auf der Landkarte. Das wird auch in Zukunft so bleiben.

GET H2 Nukleus: Grüner Wasserstoff – nicht nur für Lingen 

Ab 2023 soll in Lingen das hierzulande erste öffentlich zugängliche Wasserstoffnetz Industrieunternehmen in Niedersachsen und dem angrenzenden Nordrhein-Westfalen zunehmend mit grünem Wasserstoff versorgen. Geschehen soll das im Rahmen des Projektes GET H2 Nukleus, das von BP, Evonik, Nowega, OGE und RWE Generation getragen wird.

Wasserstoffnetz soll auch anderen offenstehen

Der grüne Wasserstoff soll in Lingen in einer 100 Megawatt Elektrolyseanlage der RWE Generation aus erneuerbaren Energien hergestellt werden. Der Transport wird dann überwiegend über bereits bestehende Gasleitungen der Fernleitungsnetzbetreiber Nowega und OGE erfolgen, die dafür auf den Transport von Wasserstoff umgestellt werden. Die Pläne für das Netz sehen zudem einen Teilneubau durch Evonik vor. Als industrielle Abnehmer des klimaschonenenden Rohstoffs und Energieträgers sind Raffinerien und Chemieparks in Lingen, Marl und Gelsenkirchen vorgesehen. Der Zugang zu diesem Wasserstoffnetz soll dabei jedem Erzeuger, Händler und Verbraucher offenstehen. Damit will die Initiative eine Integration weiterer Wasserstoffprojekte ermöglichen. Eine entsprechende Absichtserklärung haben die Projektpartner bereits im März dieses Jahres unterzeichnet.

Grafik: GET H2 Nukleus

Nationale Wasserstoffstrategie bildet Grundlage

„Wir starten in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, im Umfeld zentraler Energieknotenpunkte Europas. Das macht den GET H2 Nukleus zu einem idealen ersten Baustein des europäischen Wasserstoffnetzes“, erklärt dazu Roger Miesen, Vorstandsvorsitzender der RWE Generation SE. Die kürzlich beschlossene deutsche ebenso wie die fast zeitgleich veröffentlichte europäische Wasserstoffstrategie seien dabei wichtige Grundlagen. „Jetzt braucht es eine zeitnahe Umsetzung der geplanten Maßnahmen der deutschen und der europäischen Wasserstoffstrategien. Nur so kann die notwendige Investitionssicherheit für die an Wasserstoffprojekten beteiligten Unternehmen geschaffen werden“, meint diesbezüglich Thomas Basten, Leiter Pipelines der Evonik-Division Technology & Infrastructure. Mehr zur Nationalen Wasserstoffstrategie lesen Sie hier.

Passende Rahmenbedingungen notwendig

Mit dem Aufbau der Infrastruktur möchten die Projektpartner den Weg für eine nachhaltige nationale Wasserstoffwirtschaft und eine internationale Technologieführerschaft Deutschlands in diesem Bereich bereiten. Die Produktion des grünen Wasserstoffs und die Belieferung der Kunden sollen 2023 starten, ursprünglich war sogar von Ende 2022 die Rede. Damit das gelingen kann, ist laut GET H2 jedoch auch die Politik gefordert. Denn die Umsetzung des Projekts setzt passende rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen voraus.

Auch BP setzt auf Wasserstoff

Mit BP ist auch einer der großen Mineralölkonzerne mit an Bord. Das Unternehmen betreibt in Lingen und Gelsenkirchen Raffinerien. Die technische Planung der Herrichtung des Netzanschlusspunktes BP Lingen für die Abnahme des Wasserstoffs ist bereits im Gange. Der Bau einer Verbindungsleitung vom Chemiepark von Evonik in Marl zur Raffinerie von BP in Gelsenkirchen-Scholven beginnt im August 2020. Mit der Versorgung von Raffinerien und Chemieparks setzt der GET H2 Nukleus nach Einschätzung der Projektpartner dort an, wo grüner Wasserstoff am schnellsten zu einer CO2-ärmeren Zukunft beitragen kann. Die beteiligten Unternehmen setzen bereits heute große Mengen Wasserstoff in ihren Produktionsprozessen ein und reduzieren durch die Umstellung auf grünen Wasserstoff ihre CO2-Emissionen erheblich. Der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, basierend auf der bestehenden Gasinfrastruktur, gewährleistet aus Sicht der Initiative GET H2 für die industriellen Abnehmer genau die Versorgungssicherheit, auf die sie angewiesen sind. Perspektivisch sollen auch bestehende Kavernenspeicher entlang der Wasserstoffleitung eingebunden werden, was die Versorgungssicherheit zusätzlich erhöhen würde.

Wasserstoffinfrastruktur ist wichtig für die Energiewende

Der Transport von Wasserstoff in eigenen Netzen wird bereits seit mehreren Jahrzehnten in Deutschland und anderen europäischen Ländern umgesetzt. Bislang handelt es sich nach Auskunft von GET H2 jedoch um private Netze der Industrie – ohne Zugang für Dritte. Der Ausbau von Wasserstoffnetzen dürfte in den kommenden Jahren jedoch weiter an Bedeutung gewinnen, denn die Erzeugung grünen Wasserstoffs und seiner Folgeprodukte aus Wind- und Solarstrom ermöglicht es, erneuerbare Energie über lange Strecken zu transportieren, in großen Mengen zu speichern und so in Sektoren einzusetzen, die sich für eine direkte
Elektrifizierung nicht eignen.

1 Kommentar

  1. Siegfried Strub

    Aufgrund der Materialversprödung und der Grösse der Atome kann Wasserstoff nicht in den vorhandenen Gasleitungen tranportiert werden.
    Der Transport müsste da gekühlt werden muss nur mit Tankfahrzeugen die ihrerseits den erforderlichen Drücke nicht standhalten geschehen
    Kosten und Nutzen ist sehr zweifelhaft!

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