In Aachen wird Forschung an alternativen Kraftstoffen betrieben

Die Region Aachen hat sich zu einem Zentrum der Forschung an alternativen Kraftstoffen entwickelt. Ausgehend von der renommierten RWTH haben sich Forschungseinrichtungen wie die OWI Science4Fuels sowie große und kleinere technische Entwicklungsdienstleister wie die FEV oder die TEC4FUELS etabliert – an vielen Stellen arbeiten engagierte Techniker, Ingenieure, Wissenschaftler und Studenten daran, wichtige Fragen zur Zukunft der Mobilität zu beantworten. Alternative Antriebe und Kraftstoffe müssen aus ihrer Sicht dabei eine wichtige Rolle spielen.

Um Forschenden, die sich mit der Entwicklung und Anwendung von alternativen Kraft- und Brennstoffe befassen, einmal über die Schulter zu schauen, macht die Tour de Futur diesmal Station in und um Aachen.

Erste Station ist das Fuel Science Center an der RWTH Aachen. Hier geht es unter anderem um den Einsatz alternativer Fuels in herkömmlichen und zukünftigen Motoren, der in unterschiedlichen Versuchsanordnungen nachgestellt und damit sichtbar und messbar gemacht wird. In einer Hochdruckkammer werden zum Beispiel Verbrennung, Einspritzung und Zündverhalten verschiedener alternativer Brennstoffe optisch untersucht. Von großem Interesse ist dabei die Minimierung der Schadstoffemissionen wie z. B. Rußpartikeln.

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Rußbildung ist auch ein wichtiges Thema am nächsten Prüfstand, wo es um die Abgasnachbehandlung geht – konkret, wie sich beispielsweise die Abgase von Bio-Hybrid Fuels (das ist eine Kombination von Bio-Fuels und E-Fuels, wobei möglichst viel CO2 eingebunden werden soll) auf Katalysatoren auswirken und wie sich die Katalysatorentechnik verbessern lässt. Es hat sich bereits gezeigt, dass die getesteten Bio-Hybrid Fuels weniger Ruß bilden und daher bei der Abgasnachbehandlung neue Problemfelder wie etwa die Stickoxidbildung angegangen werden können.

Forscher können alternative Kraftstoffe vorteilhaft „designen“

„Ein großer Vorteil von alternativen Kraftstoffen ist, dass ich sie mir so designen kann, wie ich sie gern für den Motor hätte“, betont Bastian Lehrheuer, Geschäftsführer des Exzellenzclusters The Fuel Science Center. „Wenn ich beispielsweise kleine Mengen Sauerstoff in einen Kraftstoff reinpacke, kann ich die Rußemissionen ganz deutlich reduzieren. Ich kann die Verbrennung im Motor also schon durch den Kraftstoff sauberer machen. Mit der anschließenden Abgasnachbehandlung können wir das Ganze dann auf sogenannte ‚zero impact emission‘ runterbringen. Das heißt, die Luft, die als Abgas aus dem Auto rauskommt ist nicht schlechter, als die, die reingeht.“

Insgesamt gehe es Lehrheuer und seinen Forscherkollegen an der RWTH nicht darum, den „Verbrenner zu retten“, sondern Antriebsstränge neu oder weiterzuentwickeln, die hocheffizient, schadstoffarm, CO2-neutral und nachhaltig sind. Da der Klimaschutz eine globale Herausforderung sei, brauche es auch globale Lösungen und deshalb globale Zusammenarbeit, appelliert Lehrheuer.

Ein paar Kilometer weiter in Herzogenrath besucht die Tour de Futur das Forschungsinstitut OWI Science4Fuels. Hier stehen die alternativen Kraftstoffe selbst im Fokus der Forschung. Denn Ziel ist es, dass die neuen treibhausgasneutralen Kraftstoffe in den vorhandenen Technologien – also den Autos von heute – einsetzbar sind. Dazu müssen die Brenn- und Kraftstoffe zahlreiche Qualitätsanforderungen erfüllen, wie zum Beispiel die Mischbarkeit mit konventionellen Kraftstoffen – die werden bei OWI überprüft.

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Drop-In-Fähigkeit unter Laborbedingungen sichergestellt

Die Forscher am OWI prüfen unter Laborbedingungen aus chemisch-physikalischer Sicht, ob die alternativen Kraftstoffe funktionieren. Sämtliche Eigenschaften eines Kraftstoffs werden überprüft, um so letztlich eine vollständige Kompatibilität sicherzustellen. Besonders im Fokus sind mögliche Veränderungen der Kraftstoffeigenschaften in der Mischung mit konventionellen und alternativen Fuels. Auch die Lagerstabilität über längere Zeiträume ist ein wichtiger Forschungsgegenstand.

Auf die Frage nach einem Favoriten im Rennen um den Kraftstoff der Zukunft, nennt Sebastian Feldhoff, Leiter des Bereichs Fuels und Lubricants am OWI, HVO, also hydriertes Pflanzenöl. „Bei diesem Produkt ist der Weg zu Tankstelle nicht mehr weit, als Beimischung sind hydrierte Kraftstoffe bereits im Einsatz“, sagt Feldhoff.

Immer im Hinterkopf der Forscher sind die Diskussionen, die bei der Einführung von „E10“ aufgekommen sind und die viele Autofahrer unnötig verunsichert haben. Bis heute durchkreuzen die Auswirkungen das Ziel mit dem anteilig erneuerbaren E10-Kraftstoff CO2 einzusparen. Um eine Neuauflage bei der Einführung alternativer Kraftstoffe wie fortschrittlicher Biofuels oder E-Fuels zu verhindern, wird heute noch genauer hingeschaut: Intensivere Verträglichkeitstests ebenso wie eine genaue Abwägung, welche Rohstoffe in Frage kommen, um eine erneute Tank-Teller-Diskussion zu vermeiden, sind nur zwei Beispiele. Technologieoffenheit ist bei all dem das oberste Gebot, denn – so die einhellige Meinung: Um die Klimaziele zu erreichen, werden alle Lösungen benötigt. Ein entweder oder dürfe es nicht geben.

Zum Abschluss der Aachener Runde besucht die Tour de Futur TEC4FUELS, ein Testzentrum für Kraftstoffe und Anwendungstechnik. Auch hier geht es im Kern darum, wie sich neuartige Kraftstoffe im Auto verhalten. Im Auftrag von Fahrzeug- und Kraftstoffherstellern wird etwa geprüft, wie sich Bauteile des Motors oder des Tanks mit den alternativen Kraftstoffen „vertragen“ und ob sie Einfluss auf Lebensdauer und Betriebssicherheit der Hardware haben.

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Vertragen sich Kraftstoff und Materialien?

Durch die spezielle Konstruktion ihrer Prüfstände – von den Insidern „Hardware in the Loop“ genannt – können die Ingenieure von TEC4FUELS lange Einsatzzeiträume in kurzer Zeit simulieren: An einem Prüfstand sind beispielsweise Pkw-Bauteile wie Tank, Filter, Pumpe und Injektor wie im Auto aufgebaut, so dass der Test-Kraftstoff sie durchströmen kann. Der Verbrennungsprozess aber entfällt. Der Treibstoff wird dauerhaft im Kreis gepumpt und passiert die Bauteile vom Dichtungsring bis zum Einspritzventil immer wieder. Der Vorteil: In diesen „Stresstests“ werden gleichzeitig Kraftstoff und Material gezielt extremen Belastungen ausgesetzt. Die Auswertung dieser Screening-Tests ermöglicht verlässliche Aussagen darüber, ob die Bauteile und ihre Materialien für den Einsatz des erprobten Kraftstoffs geeignet sind oder ob es Optimierungsbedarf gibt.

„Unsere Tests sind einer von vielen Schritten, die ein Kraftstoff auf dem Weg vom Labor in den Markt zurücklegen muss“, erklärt Simon Eiden, Leiter der Business Unit Testing bei TEC4FUELS. „Wenn der Treibstoff unser Prüflabor erfolgreich passiert hat, stehen aber noch weitaus härtere Motoren- oder Flottentests der Automobilhersteller an.“

Auf der Tour durch die Forschungswelt in und um Aachen hat sich deutlich gezeigt: Es gibt viele gute Gründe, die Menschen dazu antreiben, nach alternativen Lösungen für die Mobilität von morgen zu suchen. Sie alle sehen in treibhausgasneutralen Kraft- und Brennstoffen einen wesentlichen Baustein für mehr Klimaschutz.

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