Getting to Net Zero: Total will 2050 klimaneutral sein

Mineralölkonzerne sind wie andere Wirtschaftszweige gefordert, ihre Produktion und ihre Produkte klimaneutral zu machen. Der französische Öl- und Gaskonzern Total geht mit der Initiave „Getting to Net Zero“ die dazu nötige Neuausrichtung an.

Getting to Net Zero Total Schiff

Bild: ROUSSEL MARC – TOTAL

Die französische Total Gruppe zählt zu den großen global agierenden Playern der Mineralölindustrie. Das Unternehmen will seine Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto null absenken. Bei der Neuausrichtung setzt die Total Gruppe neben verflüssigtem Erdgas (LNG) vor allem auf erneuerbare Energien. „Wir wollen weltweit zu den Top 5 der größten Produzenten von erneuerbaren Energien gehören“, so Total-Vorstandsvorsitzender und CEO Patrick Pouyanné.

Der Weg zum Ziel „Netto Null“ (Getting to Net Zero) soll bei Total schrittweise in den Bereichen eigene Emissionen, Produkte und Nach­frage der Kunden erfolgen. Bis 2050 oder eher sollen null Treibhausgasemissionen innerhalb der Betriebsabläufe und der gesamten Produktion und bei allen Produkten erreicht werden. Die durchschnittliche CO2-Bilanz von Energieprodukten von Total soll weltweit bis 2050 um 60 Prozent sinken, mit Zwischenschritten bis 2030 (15 %) und 2040 (35 %). In Europa will das Unternehmen unter Einbeziehung des Instruments der CO2-Kompensation bis spätestens 2050 Klimaneutralität erreichen.

Produktion soll energieeffizienter werden

Total strebt zunächst Klimaneutralität im eigenen Geschäft und bei den Emissionen in den Produktionsstätten an. Insgesamt gibt es innerhalb der Unternehmensgruppe fast 250 Projekte, die darauf abzielen. Für die Verbesserung der Energieeffizienz und die Elektrifizierung von Prozessen im Bereich Refining & Chemicals sind bis zum Jahr 2025 Investitionen in Höhe von 450 Millionen US-Dollar eingeplant. Dieser Bereich steht bisher für 66 Prozent des Energieverbrauchs des Unternehmens.

Alle übrigen und aktuell nicht vermeidbaren Emissionen will Total durch andere Maßnahmen kompensieren, etwa durch Investition in die Aufforstung von Wäldern und in die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS). Dazu gehören auch Forschung und Entwicklung im Bereich der CO2-Abscheidung aus der Luft (Direct Air Capture).

Treibhausgasarme Produkte für die Mobilität der Zukunft

Total strebt eine Diversifizierung des Portfolios hin zu weniger CO2-intensiven Alternativen an: Im Jahr 2030 sollen Öl 35 Prozent (2019: 55 %), Erdgas 50 Prozent (2019: 40 %) und Ökostrom 15 Prozent (2019: 5 %) ausmachen. Das Unternehmen plant dafür unter anderem eine Ausweitung der LNG-Produktion mit Großprojekten in Nordwest-Sibirien. Schon 2025 rechnet Total mit einem eigenen LNG-Absatz von 50 Millionen Tonnen.

Die zukünftige Mobilität wird aus Sicht von Total ein Mix verschiedener Technologien sein. „Wir sind bereits seit Jahren im Aufbau von Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität beziehungsweise Tankinfrastruktur für alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff, CNG oder LNG aktiv“, sagt Jan Petersen, Direktor Mobilität & Neue Energien bei Total Deutschland.

Bei der E-Mobilität stellt sich das Unternehmen auf ein „enormes Wachstum“ ein. In Deutschland betreibt Total bereits rund 1.400 Ladestationen mit über 2.400 Ladepunkten an B2B-Standorten außerhalb der Tankstellen. Weitere Ladesäulen befänden sich an rund 30 Tankstellen, darunter auch die ersten fünf Stationen mit Schnellladesäulen (175 kW). Bis Ende 2022 sollen es knapp 100 Standorte mit rund 300 Ladepunkten sein – vorrangig entlang von Autobahnen.

Und da weiterhin viele Verbrennerautos genutzt würden, werde Total sein Biokraftstoffangebot bis 2030 aus­bauen, so Petersen. Total ist zudem an dem Joint Venture „H2 Mobility Deutschland“ beteiligt, das den Aufbau von Wasserstoffstationen vorzugsweise in bestehenden Tankstellen zum Ziel hat.

Total Raffinerie Himmel

Am Raffineriestandort La Mède in Südfrankreich will Total künftig auch grünen Wasserstoff herstellen.
Quelle: IMRE Nedim – TOTAL

Aus Erdölraffinerien werden Biokraftstoffraffinerien

Im Bereich Wasserstoff hat Total gemeinsam mit dem ebenfalls französischen Energieversorger Engie ein Projekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff am Raffineriestandort La Mède in Südfrankreich gestartet. Dieser wird mittels Elektrolyse erzeugt. Der erzeugte Wasserstoff soll zur Produktion von Biotreibstoff verwendet werden. Die ehemalige Erdölraffinerie La Mède ist zu einer Anlage für „neue Energien“ mit einer Kapazität von 500.000 Tonnen HVO (Hydrotreated Vegetable Oil) pro Jahr geworden.

Der geplante Elektrolyseur soll mit einer Leistung von 40 Megawatt pro Jahr rund 1.800 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren. Nach aktuellem Stand wäre die Anlage die bisher größte ihrer Art in Frankreich. Den Strom liefern Solarparks mit einer Leistung von 100 Megawatt. Die Produktion könnte 2024 starten.

Auch die Total-Raffinerie in Grandpuits bei Paris soll grüner werden. Statt Rohöl sollen hier ab 2024 Biokraftstoffe produziert werden. Entstehen sollen Kapazitäten von 170.000 Tonnen pro Jahr. Als Rohstoffe dienen vor allem tierische Fette und Altspeiseöle.

 

Investments in regenerative Energien

Ein wichtiger Baustein der Transformation sind Investments in die regenerative Energieerzeugung. In den kommenden fünf Jahren werden dafür 2,6 Milliarden Euro eingeplant. Ein Schwerpunkt ist dabei die Offshore-Windkraft. Eines der spektakulärsten Projekte soll vor Südkorea entstehen – und zwar drei insgesamt 2 Gigawatt leistende schwimmende Windparks. Vor der britischen Küste soll ein ähnliches Projekt mit 400 Megawatt entstehen. Damit geht Total einen bereits vor gut zehn Jahren eingeschlagenen Weg weiter.

Aktuell verfügt das Unternehmen weltweit über 3 Gigawatt Kapazitäten regenerativer Stromerzeugung. Bis zum Jahr 2025 soll es mehr als das Zehnfache sein, nämlich 35 Gigawatt. Von dieser Art der Stromerzeugung sollen auch die Investitionen in die Elektromobilität profitieren. Bis 2030 sollen 850 Millionen Euro in die Ladeinfrastruktur gesteckt werden.

Total_Solar-Park

Total verfügt aktuell weltweit über 3 Gigawatt Kapazitäten zur Ökostromerzeugung.
Quelle: VALE CHERIE – NEWSPORT MEDIA – TOTAL

Interview mit Jan Petersen

Direktor Mobilität & Neue Energien, Total Deutschland

Welches sind die wesentlichen Eckpunkte des Konzernumbaus bei der Neuausrichtung hin zu „Netto Null“?

Die Total Gruppe hat sich das Ziel gesetzt, bis spätestens 2050 CO2-Neutralität zu erreichen, gemeinsam mit der Gesellschaft und für alle Aktivitäten des Unternehmens – von der Herstellung bis zur Nutzung der verkauften Energieprodukte durch den Kunden. Hier wird der Ausbau von Wind- und Solarenergie eine immer wichtigere Rolle einnehmen. Bis zum Jahr 2050 wird sich unser Energie-Produktportfolio stark ändern. Wir werden bis zu 40 Prozent Strom, vorwiegend erneuerbar, verkaufen sowie 40 Prozent gasförmige Produkte (Erdgas, Biogas und grüner Wasserstoff) und nur noch 20 Prozent flüssige Energieträger (mit einem Biokraftstoffanteil von 25 Prozent).

Im Jahr 2030 dürften allein in Deutschland noch 30 bis 40 Millionen Verbrennerfahrzeuge unterwegs sein. Werden vor diesem Hintergrund auch biogene oder strombasierte Kraftstoffe im Angebot von Total eine Rolle spielen?

Erklärtes Ziel von Total ist, die Energie für die Mobilität der Zukunft bereitzustellen, welche ein Mix verschiedener Technologien sein wird. Wir sind bereits seit Jahren im Aufbau von Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität beziehungsweise Tank­infrastruktur für alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff, CNG oder LNG aktiv. Angesichts der hohen Anzahl an Verbrennerfahrzeugen, die weiterhin auf den Straßen unterwegs sein werden, baut Total sein Angebot an Biokraftstoffen aus und strebt ein Wachstum von mehr als 10 Prozent bis 2030 an. In Südfrankreich betreibt Total mit La Mède bereits eine große Bioraffinerie mit Biokraftstoffen, die die Nachhaltigkeitskriterien der Europäischen Union erfüllen. Darüber hinaus wird die Total Gruppe ihre Raffinerie in Grandpuits bei Paris in eine erdölfreie Plattform mit einer Biokraftstoffanlage umwandeln, die 2024 in Betrieb genommen werden soll. Diese Anlage wird hauptsächlich mit Abfall- und Reststoffen wie tierischen Fetten europäischen Ursprungs und gebrauchten Speiseölen betrieben. Palmöl wird nicht verarbeitet werden.

Wird die klassische Total-Tankstelle auch deswegen überleben?

Es zeichnet sich ab, dass es zukünftig nicht nur eine dominierende Antriebs- oder Kraftstoffart geben wird. Viele unserer Tankstellen sind schon heute Multi-Energie-Tankstellen, mit verschiedenen Kraftstoff- und Betankungsarten. In einem sich ändernden Markt werden wir das Angebot sukzessive anpassen. So werden an einer Tankstelle, die etwa in der Nähe von Autobahnen liegt, zukünftig neben den klassischen Kraftstoffen auch ultraschnelles Laden für Pkw oder LNG und Wasserstoff für den Schwerlastverkehr angeboten. Bei Tankstellen im Innenstadtbereich sehen wir den Trend zu „Mobility Hubs“: Unsere Kunden können Strom laden oder klassische Kraftstoffe tanken, Wechselakkus austauschen und nebenbei ihr Paket an einer Abholstation abholen. Auch in der Zukunft wird es also Tankstellen geben, sie werden sich allerdings je nach Standort stärker ausdifferenzieren.

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