Klimaschutz im Straßenverkehr: Wir brauchen grünen Strom und alternative Fuels

Auf dem Weg zu mehr Klimaschutz kommt dem Straßenverkehr eine zentrale Bedeutung zu. Sind E-Autos die Lösung? Mit Sicherheit wird Elektromobilität allein nicht ausreichen, um den Treibhausgas-Ausstoß zu reduzieren. Ebenso wichtig sind treibhausgasneutrale synthetische Kraftstoffe, die nicht mehr aus fossilem Öl hergestellt werden. Es zeigt sich: E-Autos und alternative Fuels schließen einander nicht aus.

Klimaschutz im Straßenverkehr: E-Autos und E-Fuels

Gerade im Hinblick auf den Pkw-Verkehr gelten batteriebetriebene Elektrofahrzeuge heute vielen als der Schlüssel zu weniger Treibhausgasemissionen und damit für mehr Klimaschutz im Straßenverkehr. Doch reicht das aus? Diesbezüglich werden immer wieder Zweifel laut. Denn noch ist nicht klar, wie schnell die notwendige Infrastruktur für deutlich mehr E-Mobilität ausgebaut werden kann. Und selbst wenn bis 2030 rund 14 Millionen E-Autos in Form batterieelektrischer Fahrzeuge und Plug-In-Hybriden auf unseren Straßen unterwegs sind, werden dann auch noch mehr als 30 Millionen Pkw mit konventionellem Antrieb fahren.

Fossile Kraftstoffe ersetzen

„Entscheidend sind am Ende die Klimaschutzeffekte – nicht die Elektrifizierung oder Erhaltung der Verbrennertechnologie. Der Verbrenner selbst ist nicht die Herausforderung, sondern die Kraftstoffe: Sie müssen zunehmend klimaschonend werden“, erklärt dazu Adrian Willigvon en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie e.V.. Erreicht werden könnte das durch alternative beziehungsweise synthetische Fuels, also treibhausgasarme oder -neutrale Kraftstoffe, die nicht mehr auf fossilem Öl, sondern erneuerbarer Energie gewonnen werden. Dazu gehören fortschrittliche Biokraftstoffe ebenso wie die sogenannten E-Fuels, die mittels erneuerbaren Stroms in sogenannten Power-to-X-Verfahren hergestellt werden.

E-Autos oder alternative Fuels? Das ist derzeit für manche so etwas wie die Gretchenfrage in der Diskussion um die Verkehrswende. Doch aus Sicht zahlreicher Experten stellt sie sich überhaupt nicht. „Bei batteriebetriebenen E-Fahrzeugen und E-Fuels geht es gar nicht um ein Entweder-oder: Letztlich brauchen wir beides“, erklärte dazu Dr. Christoph Menne, Executive Vice President und Managing Director der FEV Europe GmbH, einem führenden Entwicklungsdienstleister für die Automobil- und Mobilitätsindustrie, bei der IAA Mobility. „Beide Technologien haben ihre Vorteile und Berechtigung, je nach Anwendung und individuellen Gegebenheiten.“ Und Stefan Gerwens, Leiter des Ressorts Verkehr beim ADAC, unterstrich: „Auch die bestehenden Pkw-Flotten müssen durch verringerte Emissionen einen Beitrag zu mehr Klimaschutz leisten und leisten können. Dafür sind jedoch CO2-neutrale Kraftstoffe zu bezahlbaren Preisen erforderlich. Die Weiternutzung der bestehenden Infrastruktur erleichtert den Verbrauchern, alternative Energien auch im Pkw-Bestand zu nutzen.“

„Auch die bestehenden Pkw-Flotten müssen durch verringerte Emissionen einen Beitrag zu mehr Klimaschutz leisten und leisten können. Dafür sind jedoch CO2-neutrale Kraftstoffe zu bezahlbaren Preisen erforderlich.“

Stefan Gerwens

Leiter des Ressorts Verkehr , ADAC

Mehr E-Mobilität notwendig

Dass künftig mehr batteriebetriebene Autos beziehungsweise Plug-in-Hybride unterwegs sein werden, sieht auch Adrian Willig als notwendige Entwicklung. „Wir brauchen Batteriefahrzeuge und sie werden künftig eine zunehmend große Rolle spielen. Doch um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, benötigen wir auch für den Bestand klimaschonende Lösungen. Und auch Zeit, für den Aus- und Umbau der elektrischen Ladeinfrastruktur. Neue Kraftstoffe zu entwickeln, ist allein schon deswegen sinnvoll, weil solche alternativen Fuels auch in den Bereichen Schwerlast-, im Flug- und im Schiffsverkehr erforderlich sind.“ Wichtig sei es, bei der Herstellung schnell Skalierungseffekte zu erzielen, durch die auch die Kosten sinken. Der Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe sollte daher nicht auf bestimmte Einsatzgebiete reduziert werden.

Doch synthetische Fuels haben nicht nur Fans. Am häufigsten kritisiert wird eine schlechtere Effizienz gegenüber Batteriefahrzeugen. Und tatsächlich: Konventionellen Analysen zufolge können E-Autos bei direkter Stromnutzung effizienter betrieben werden als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die ökostrombasierte E-Fuels nutzen. Diese Einschätzung beruht jedoch darauf, dass in die hohen Ertragsunterschiede von Solar- und Windanlagen je nach Standort ausgeblendet werden.

Der Effizienznachteil fällt dagegen weniger ins Gewicht, wenn die erheblich höhere standortabhängige Produktivität von Ökostrom-Anlagen in den globalen Sonnen- und Windregionen berücksichtigt wird. Dieser Strom wäre zudem für einen leitungsgebundenen Transport zur direktelektrischen Nutzung in Deutschland gar nicht zugänglich. Ebenso wird häufig vernachlässigt, dass E-Autos fürs Heizen zusätzlichen Strom benötigten und dass Strom zwischengespeichert werden muss, um Dunkelflauten zu überbrücken. Auch das zehrt an der Effizienz. Insofern zeigt ein gesamtheitlicher Vergleich für Produktion und Nutzung eine Energie-Gesamtbilanz auf, in der E-Fuels-betriebene Pkw nicht weit von batteriebetriebenen Pkw entfernt sind.

„Entscheidend sind am Ende die Klimaschutzeffekte – nicht die Elektrifizierung oder Erhaltung der Verbrennertechnologie. Der Verbrenner selbst ist nicht die Herausforderung, sondern die Kraftstoffe: Sie müssen zunehmend klimaschonend werden.“

Adrian Willig

en2x

Importe von E-Fuels & Co. stärken den Klimaschutz – auch im Straßenverkehr

Entscheidend ist dabei auch: Hierzulande sind die Flächen für die Erzeugung erneuerbaren Stroms eher begrenzt und der Energiebedarf hoch. Deutschland wird daher auch in Zukunft auf Energieimporte angewiesen sein. Alternative Fuels bieten eine Möglichkeit, auf diesem Wege die künftige Versorgung mit klimaschonender beziehungsweise CO2-neutraler Energie zu sichern und erneuerbare Energie aus Ländern einzuführen, in denen sich diese deutlich leichter als hierzulande gewinnen lässt. Mögliche Erzeugerländer für wasserstoffbasierte Energieträger haben die Studie „Internationale Aspekte einer Power-to-X Roadmap“ des Weltenergierats Deutschland und jüngst der globale „Power-to-X-Atlas“ des Fraunhofer Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE benannt. Ziel ist ein globaler Power-to-X-Markt, der eine ökonomische Win-win-Situation schaffen und den Klimaschutz international voranbringen könnte.

Während der Hochlauf eines solchen globalen Marktes und die entsprechende Verfügbarkeit von E-Fuels noch Zeit in Anspruch nimmt, sind fortschrittliche Biofuels bereits heute eine wichtige Lösung, um flüssige Energie zunehmend CO2-neutral einsetzen zu können. Jüngste europäische Studien untermauern, das solche klimaschonenden biogenen Kraftstoffe auf Abfall- und Reststoffbasis ohne Beeinträchtigung der Biodiverstität oder Verdrängungseffekte in der Landnutzung eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung des EU-Verkehrs spielen könnten. Umso wichtiger sind geeignete Rahmenbedingungen, um einen Markthochlauf und eine relevante Nachfrage nach solch klimaschonenden Produkten zu forcieren – sowohl für solche aus inländischer Herstellung wie auch für Importe.

Passende Rahmenbedingungen erforderlich

Hier jedoch besteht noch Handlungsbedarf, wie IWO-Geschäftsführer Willig betont: „Ein wichtiger Hebel könnte dabei die Steuerpolitik sein. Treibhausgasarme und -freie Kraftstoffe sollten künftig nicht mehr oder deutlich geringer besteuert werden als fossile Kraftstoffe. Damit würde ein signifikanter Anreiz für den Markthochlauf alternativer Kraftstoffe geschaffen werden. Der Vorschlag der EU-Kommission zur Überarbeitung der EU-Energiesteuer-Richtlinie bietet dafür bereits eine sehr gute Grundlage.“ Zudem sollten zum Beispiel klimaschonende Kraftstoffe in der EU-Flottenregulierung als Erfüllungsoption anerkannt werden, um alle wesentlichen Klimaschutzoptionen zu nutzen. Willig ist überzeugt: „Um die Transformation auf eine erneuerbare Energieversorgung in allen Sektoren im geplanten Zeitraum zu bewältigen brauchen wir alle Lösungen: jedes grüne Elektron und jedes grüne Molekül.“

2 Kommentare

  1. Frank Giese

    Meines Wissens wird gerade eine Anlage für E-Fuels in Namibia gebaut. Dort herrschen ja geradezu ideale Bedingungen, viel Sonne und eine Küstenwüste. Ansonsten werden wohl auch einige Erdöl fördernde Länder solche Anlagen bauen. Schon allein als Investition in die Zukunft.

    Antworten
  2. Andreas V.

    Doch, der Verbrenner ist das Problem.

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert