Traktor tankt alternativen Kraftstoff

Auch in der Landwirtschaft können erneuerbare Kraftstoffe für eine Senkung der Treibhausgasemissionen sorgen. Wie das in der Praxis funktioniert, zeigt ein aktuelles Modellvorhaben im nordfriesischen Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog. Hier tanken Traktoren bereits alternativen Kraftstoff.

Alternativer Kraftstoff für den Traktor

Fünf Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland gehen auf das Konto von Land- und Baumaschinen. Um auch diesen Sektor in Richtung Klimaneutralität zu führen, sind eben auch für Mähdrescher und Traktoren Lösungen gefragt. Alternative Fuels können auch hier einen Beitrag leisten.

Traktor tanken, aber klimaschonend

Die Gemeinde Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog liegt ganz im Norden Deutschlands, direkt am Hindenburgdamm, über den täglich viele Menschen nach Sylt gelangen. Und der Name des kleinen Ortes verrät auch schon etwas über ihn, denn ein Koog ist eine ehemalige Meeresfläche, die zur Landgewinnung eingedeicht wurde. Christian Nissen ist Bürgermeister dieser Gemeinde und aktiver Landwirt. Und als solcher besitzt er einen kleinen Fuhrpark: So hat er ein Auto, das er sowohl für seinen Betrieb als auch privat nutzt. Drei Traktoren für die landwirtschaftliche Nutzung komplettieren die Fahrzeugpalette von Christian Nissen. Früher tankte der Landwirt regelmäßig hunderte Liter Diesel in die Tanks seiner vier Fahrzeuge. Heute sieht es anders aus: Anstelle von rein herkömmlichem Diesel, betankt Nissen diese Fahrzeuge nun mit einer fortschrittlichen treibhausgasreduzierten Kraftstoffkombination.

Kraftstoffmischung reduziert Treibhausgasemissionen

Im Rahmen eines Demovorhabens wird ein CO2-reduzierter flüssiger Energieträger dem konventionellen Kraftstoff zu 33 Prozent beigemischt. Das ermöglicht eine Reduktion der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu rein fossilem Diesel um immerhin rund 25 Prozent. Übrigens ohne die Fahrzeuge im Vorfeld umzurüsten. Die Kraftstoffmischung wird einfach wie gewohnt getankt. Hergestellt wird das alternative Fuel vorwiegend durch die Hydrierung von Reststoffen biogenen Ursprungs, wie beispielsweise Altspeisefetten, die in Großküchen, diversen Imbissen und Pommesbuden sowie Fastfoodketten anfallen. Damit gehört dieser klimaschonende Kraftstoff zu den erneuerbaren Biokraftstoffen, die nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen.

Mit dieser Art Fuels kennt sich Nordfriese Nissen übrigens schon länger aus: In seiner Brennwertheizung setzt er nämlich auch einen chemisch quasi identischen „grünen“ Flüssigbrennstoff als Beimischung zum klassischen Heizöl ein. Aber das ist nicht alles: Seine Heizungsanlage ist eine Hybridheizung, die neben dem treibhausgasreduzierten Heizöl auch eine weitere erneuerbare Energiequelle nutzen kann. Im Rahmen der Wind-und-Wärme-Modellregion hat Nissen ein Jahr lang sonst abgeregelte Windkraft aus dem Bürgerwindpark der Gemeinde für seine Wärmeversorgung genutzt. Und das funktionierte so: Die Öl-Brennwertheizung wurde um die Möglichkeit ergänzt, auch Strom zur Wärmeversorgung einsetzen zu können. Dazu wurde ein ausreichend dimensionierter Wärmespeicher in Verbindung mit einem Elektrowärmeerzeuger und einer speziellen Regelung installiert. Stand genug Windenergie zur Verfügung, wurden Haus und Trinkwasser mit dem Grünstrom erwärmt. War Flaute, sprang die Ölheizung zuverlässig ein.

 „Der Einsatz des neuen Kraftstoffs erfolgt völlig problemlos. Technische Anpassungen an den Fahrzeugen waren dafür nicht notwendig.“

Christian Nissen

Bürgermeister und Landwirt, Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog, Nordfriesland, Schleswig-Holstein

Problemloser Einsatz in vorhandener Technik: Keine Umrüstung notwendig

Dass die Heizung sich auch mit dem treibhausgasreduzierten Brennstoff tadellos verhält und zuverlässig Haus und Trinkwasser erwärmt, das wusste der Bürgermeister ja bereits. Doch wie reagieren seine landwirtschaftlichen Maschinen auf die neuen Fuels? „Der Einsatz des neuen Kraftstoffs erfolgt völlig problemlos“, berichtet Nissen. Und betont auch nochmal: „Technische Anpassungen an den Fahrzeugen waren dafür nicht notwendig.“ Ein großer Vorteil. Bei einer Umrüstung auf batterieelektrische Antriebe wären größere Investitionen nötig. Mal abgesehen davon, dass sich diese Antriebe aufgrund der benötigten Leistung und den langen Einsatzzeiten bis heute nicht durchgesetzt haben. Auch die langen Ladezeiten stellen in der Landwirtschaft – besonders zur Erntezeit – ein Problem dar.

Begleitet wird das Vorhaben von en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie, der den Wandel der Energieversorgung hin zu mehr Klimaschutz begleitet und vorantreibt. Adrian Willig von en2x erklärt: „Im Sinne des Klimaschutzes benötigen wir in Deutschland einen Ausbau der E-Mobilität und den verstärkten Einsatz alternativer Fuels. Beides schließt sich nicht aus.“ Unterstützt wurde das Vorzeigeprojekt auch vom örtlichen Energielieferanten team energie aus Risum-Lindholm. Dirk Albertsen, Geschäftsführer von team energie GmbH & Co unterstreicht: „Alternative flüssige Energieträger sind ein wichtiger Faktor zur Erreichung der Klimaschutzziele. Gerade das wollen wir mit diesem Leuchtturmprojekt unterstreichen.“

 

Alternative Kraftstoffe können Klimaschutz stärken

Treibhausgasreduzierte Kraft- und Brennstoffe gelten als eine wichtige Säule der Energiewende. Das zeigen auch die aktuelle dena-Leitstudie oder auch die BDI-Studie. In bestimmten Anwendungsbereichen, vor allem dem Flug- und Schiffsverkehr, ist der künftige Einsatz von Future Fuels unerlässlich, um die Klimaziele zu erreichen. Auch im Schwerlastverkehr und bei landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen, wo batterieelektrische Konzepte aufgrund der erforderlichen Leistungen und Einsatzzeiten derzeit an ihre Grenzen stoßen, stellen sie eine gute Lösung dar. Dies soll insbesondere auch das Praxisvorhaben mit Christian Nissen verdeutlichen.

Für den Fahrzeugbestand im Pkw-Bereich können sich so ebenfalls neue Möglichkeiten eröffnen. „Der Ausbau der E-Mobilität ist im Pkw-Bereich sehr wichtig. Doch selbst, wenn bis 2030 rund 15 Millionen E-Autos auf unseren Straßen unterwegs sein sollten, wie es die Ampel-Koalition anstrebt, werden dann wohl noch mehr als 30 Millionen Pkw mit konventionellem Antrieb fahren. Für diese Fahrzeuge könnten alternative Kraftstoffe eine gute Option zur Senkung der Treibhausgasemissionen sein“, meint Willig. „Umso wichtiger ist es, dass die Politik nun die Weichen dafür stellt, dass solche alternativen Kraftstoffe auch im großen Maßstab produziert werden können.“ Dies würde den Klimaschutz deutlich voranbringen. Ein wichtiger Hebel wäre zum Beispiel eine Umgestaltung der Energiesteuer, die sich laut Willig künftig an den Treibhausgasemissionen von Kraftstoffen orientieren sollte, so wie es beispielsweise ein aktueller Vorschlag der EU-Kommission vorsieht.

Klimaschutz hat im Lübke-Koog Tradition

Der Klimaschutz steht gerade im Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog schon seit langem auf der Agenda. Der Koog wurde in den 1950er Jahren besiedelt. Klimawandel und Klimaschutz haben hier, in Anbetracht steigender Meeresspiegel, eine ganz besondere Bedeutung. „Aufgrund unserer besonderen Lage und der Siedlermentalität der Menschen hier, haben wir in unserer Gemeinde immer gern gemeinsame Projekte angeschoben. Dazu gehören der Bürger-Windpark und die gemeinschaftliche Beschaffung großer Photovoltaikanlagen. Unsere Gemeinde war dadurch mehrere Jahre lang auch Spitzenreiter der Solarbundesliga in Deutschland“, erklärt Christian Nissen. 2019 wurde der Lübke-Koog für die intelligente Verknüpfung von Hybridheizungen und Windkraftanlagen im Rahmen der Wind-und-Wärme-Modellregion sogar beim „Wettbewerb Klimaaktive Kommune“ des Bundesumweltministeriums und des Deutschen Instituts für Urbanistik ausgezeichnet.

Der Landwirt Christian Nissen hat neben seinem Pkw drei Traktoren für die landwirtschaftliche Nutzung . Früher tankte der Landwirt regelmäßig hunderte Liter Diesel in die Tanks seiner vier Fahrzeuge.

Im Rahmen eines Demovorhabens tankt der Landwirt jetzt ein Kraftstoff-Gemisch, das zu einem Drittel aus einem CO2-reduzierten flüssigen Energieträger besteht. Dadurch sinken die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu rein fossilem Diesel um immerhin rund 25 Prozent.

Die Kraftstoffmischung wird einfach wie gewohnt getankt. Hergestellt wird das alternative Fuel vorwiegend durch die Hydrierung von Reststoffen biogenen Ursprungs. Damit gehört dieser klimaschonende Kraftstoff zu den erneuerbaren Biokraftstoffen, die nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen.

Bei einer Umrüstung auf batterie-elektrische Antriebe wären größere Investitionen nötig. Mal abgesehen davon, dass sich diese Antriebe aufgrund der benötigten Leistung und den langen Einsatzzeiten bis heute nicht durchgesetzt haben. Auch die langen Ladezeiten stellen in der Landwirtschaft – besonders zur Erntezeit – ein Problem dar.

Die Gemeinde Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog liegt ganz im Norden Deutschlands, direkt am Hindenburgdamm, über den täglich viele Menschen nach Sylt gelangen. Und der Name des kleinen Ortes verrät auch schon etwas über ihn, denn ein Koog ist eine ehemalige Meeresfläche, die zur Landgewinnung eingedeicht wurde.

1 Kommentar

  1. Matthias Ehmann

    Sehr gutes Vorzeigemodell, das in großem Stil übernommen werden sollte. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik entsprechende Rahmenbedingungen und Anreize setzt, anstatt nur auf Batteriebetrieb zu setzen bei gleichzeitiger Abschaltung aller fossilen Kraftwerke.
    Besonders gefällt mir bei dem Modell, dass der überschüssige Windstrom intelligent genutzt wird, anstatt die Erzeugung abzusegeln.
    Ich halte es für dringend erforderlich, dass in Deutschland wieder Windkraftwerke gebaut und anschließend auch permanent betrieben werden dürfen.

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