CO2-frei Fliegen mit klimaneutralem Kerosin

Politik und Wirtschaft haben die Startbahn für strombasiertes klimaneutrales Kerosin in Deutschland freigemacht. Anfang Mai 2021 unterzeichneten Vertreter von Bund und Ländern, Luftfahrtindustrie, Mineralölwirtschaft und Anlagenbetreibern die „PtL-Roadmap“. Das Ziel: bis 2030 sollen jährlich mindestens 200.000 Tonnen nachhaltiges Kerosin für den Luftverkehr produziert werden. Das entspricht einem Drittel des Kraftstoffbedarfs für den innerdeutschen Flugverkehr.

Klimaneutrales Kerosin ermöglicht CO2-freies Fliegen

Bild: aapsky – stock.adobe.com

Die Luftfahrt gilt als einer der Bereiche, in denen eine vollständige Elektrifizierung aus heutiger Sicht unmöglich erscheint. So bräuchte zum Beispiel ein A380 mit 500 Passagieren an Bord, der mit aktueller Batterietechnologie von einem Elektromotor angetrieben wird, für die Strecke Frankfurt – Tokio eine Batterie mit schätzungsweise 3500 Tonnen Gewicht.

Flugkraftstoffe sind also nicht einfach durch Batterieantriebe ersetzbar. Aber um das EU-Ziel „Klimaneutralität bis 2050“ zu schaffen, müssen fossile Energien durch regenerative ersetzt werden. Das bedeutet auch: Flugzeuge dürfen nicht mehr mit herkömmlichem Kerosin fliegen. Aber womit dann?

Die Nutzung von Biokerosin wurde von zahlreichen Fluggesellschaften bereits erprobt und diese Kraftstoffe werden seitdem teilweise im Flugverkehr eingesetzt. Nachhaltige Biomasse ist allerdings nur begrenzt verfügbar und wird auch von anderen Anwendungen und Sektoren stark nachgefragt.

Deshalb kommt jetzt PtL ins Spiel – PtL steht für „Power-to-Liquid“, also die Nutzung von erneuerbarem Strom für die Herstellung klimafreundlicher flüssiger Energie. Diese strombasierten, nachhaltig produzierten Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt gelten als einer der wichtigsten Bausteine, um CO2-neutrales Fliegen zu ermöglichen. Denn beim Einsatz von klimaneutralem PtL-Kerosin wird nur das zuvor bei der Herstellung des Treibstoffs der Atmosphäre entnommene CO2 emittiert – es entsteht ein geschlossener Kohlenstoffkreislauf.

Herausforderungen: Technologie, Nachhaltigkeit und Markthochlauf

Die Herstellungsverfahren für PtL seien laut Pressemitteilung zur Unterzeichnung der Roadmap zwar erprobt, bisher seien die Produkte aber weder in ausreichender Menge noch zu marktüblichen Preisen verfügbar. Wie der Einstieg in eine Produktion im industriellen Maßstab und damit der Markthochlauf von synthetischem klimaneutralem Kerosin gelingen soll, beschreibe die vorgelegte PtL-Roadmap.

Beispielsweise planen das Bundesumweltministerium und das Bundesverkehrsministerium die Errichtung und Begleitung von Demonstrationsanlagen, um die bisher nur im Labormaßstab überprüften Produktionsprozesse auch im industriellen Maßstab sicherzustellen.

Gemeinsam wollen die Unterzeichner der Roadmap zudem möglichst hohe, verbindliche Nachhaltigkeitskriterien für klimaneutrales Kerosin auf nationaler wie internationaler Ebene etablieren. Dabei geht es neben der Stromproduktion auf Basis erneuerbarer Energien auch um Themen wie Wasserverfügbarkeit, Flächenbedarf und Umweltverträglichkeit.

Der Markthochlauf soll durch eine Mischung aus verbindlichen Zielen für den Ein- und Absatz des PtL-Kerosins, regulatorischen Rahmenbedingungen und Förderung durch den Staat zur Etablierung eines selbstragenden Marktes gelingen: Zum einen sollen zunächst durch staatliche Unterstützung die Forschung und Entwicklung sowie Demo- und Pilotanlagen zur Produktion von PtL-Kerosin angeschoben werden. Parallel dazu soll durch eine verbindliche PtL-Mindestquote für hierzulande verkaufte Flugkraftstoffe sowie eine Abnahmeverpflichtung sichergestellt werden, dass auch für das teurere Produkt eine gesicherte Nachfrage geschaffen wird. Das schaffe wiederum Investitionssicherheit für die Marktakteure zum Bau und Betrieb von industriellen Anlagen. Ein Nachteil im internationalen Wettbewerb solle den deutschen Fluggesellschaften durch die Quote und andere Rahmenbedingungen nicht entstehen.

„200.000 Tonnen klimaneutrales Kerosin aus PtL pro Jahr sind bis 2030 realistisch“

Wolfgang Langhoff, Vorstandsvorsitzender des Mineralölwirtschaftsverbands und der BP Europa SE, sagt als Vertreter der Industrie, die den klimaneutralen Treibstoff herstellen muss: „Wir sind überzeugt, dass die PtL-Roadmap einen belastbaren Plan aufzeigt, wie wir effizient und im Schulterschluss von Politik und Wirtschaft das Ziel Dekarbonisierung der Luftfahrt erreichen können. 200.000 Tonnen PtL-Kerosin pro Jahr sind ein realistischer erster Schritt, der keineswegs zu klein ausfällt: Er ermöglicht die Dekarbonisierung von etwa einem Drittel aller deutschen Inlandsflüge bis 2030.“

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