„Biokraftstoff als Chance“

Ein Meinungsbeitrag zum Potenzial von Biokraftstoffen als Alternative zu fossilem Benzin und Diesel von Prof. Dr. Jürgen Krahl, Präsident der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe.

Prof. Dr. Jürgen Krahl
Präsident der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe

Das Klima muss geschützt werden und die Zielvorgaben für den Klimaschutz 2030 und 2050 erfordern ein schnelles und entschlossenes Handeln. Schon heute ist klar, dass es auf unseren Straßen keinen Königsweg zur CO2-reduzierten Mobilität gibt und zur CO2-freien schon gar nicht. Und gleich vorab: Das Heil liegt weder in der Hoffnung auf eine flächendeckende E-Mobilität aus grünem Strom noch in einem entschlossenen „Weiter so wie bisher“, weil Deutschland ohnehin nur 2 Prozent zu den globalen Emissionen beiträgt.

Verbrennungsmotor nicht per se klimaschädlich

Bei der Mobilität muss zunächst folgende Grundsatzfrage beantwortet werden: Kaufen wir uns alle – egal ob in der Stadt oder auf dem Land – rasch neue Elektroautos und hoffen wir auf grünen Ladestrom vor der Tür, lange Reichweiten im Winter und darauf, dass unsere neuen E-Autos noch lange ihren Wert erhalten? Oder wollen wir unsere alten Autos mit Verbrennungsmotor noch etwas behalten? Oder gar noch ein neues Auto mit Verbrennungsmotor kaufen? Ja, warum denn nicht? Der Verbrennungsmotor an sich ist nicht klimaschädlich und die Automobilindustrie ist schließlich Motor unseres Wohlstands, zumindest ein Teil davon. Und ohne Wohlstand gibt es auch keinen Sozialstaat. Klimaschädlich ist allein der fossile Kraftstoff. Wenn man es ganz genau nimmt, natürlich auch die Autoherstellung. Das gilt aber gleichermaßen für E-Autos und ihre Batterien.

Gute Ideen für die Zukunft gibt es bereits. Kraftstoffe aus Kohlendioxid und Strom, die sogenannten Power-to-X- oder E-Fuels. Damit würde das CO2 dort genutzt, wo es entsteht. Es würde zum Rohstoff. Die Stahl- und die Zementindustrie sind hier nur zwei Beispiele. Biogasanlagen liefern ebenfalls Kohlendioxid zuhauf. Für E-Fuels spielt es keine Rolle, ob das CO2 grün ist oder nicht.

Hier wird fleißig und erfolgreich geforscht. Es wird wohl noch etwas dauern, bis E-Fuels den Markt durchdringen und im Verbrennungsmotor klimafreundlich verbrennen. Sehr wichtig ist, dass diese Forschung gefördert und vorangetrieben wird. Nur weil eine Technologie noch nicht am Markt ist, bedeutet das noch lange nicht, dass sie nicht funktioniert.

Biodiesel trägt schon heute zum Klimaschutz bei

Biodiesel kann aus frischen Pflanzenölen – in Deutschland vornehmlich Rapsöl –, aber auch aus Altspeiseölen oder Altfetten hergestellt werden. Die entstehenden Produkte sind gut geeignet, dem Diesel beigemischt zu werden. Pflanzenöle, Altspeiseöle oder auch tierische Fette können alternativ mit Wasserstoff behandelt werden und führen dann zu Komponenten, die chemisch kaum noch von fossilen Kraftstoffen zu unterscheiden sind.

All diese Produkte tragen ganz erheblich zum Klimaschutz bei und haben den unschlagbaren Vorteil, dass man sie problemlos dem Dieselkraftstoff beimischen kann. Fahrzeuge müssen nicht umgerüstet und Tankstellen nicht neu errichtet werden. Gleiches gilt für Ethanol, das derzeit zu 10 Prozent dem Benzin beigemischt werden darf. Höhere Beimischungen sind erfolgreich erprobt. Auch andere Alkohole sind denkbar.

Biokraftstoffe helfen nicht allein, aber sie sind jetzt und heute verfügbar und ihre Kapazität kann nachhaltig und vor allem schnell gesteigert werden, um Klimagase zu vermeiden. Wir sollten und müssen alles nehmen, was wir an Klimaschutzmaßnahmen bekommen können. Nur nachhaltig muss es sein!

Future Energy – Institut für Energieforschung
Das Future Energy – Institut für Energieforschung (iFE) ist ein interdisziplinäres Forschungsinstitut an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Hier arbeiten Wissenschaftler aus den Disziplinen Elektrotechnik, Technische Informatik, Architektur und Innenarchitektur, Maschinenbau und Mechatronik sowie Ökonomie zusammen, um übergreifende Lösungen für effiziente, vernetzte Energiesysteme und -technologien für die Energiewende zu entwickeln. Wichtige Forschungsgebiete sind Gebäudeinfrastruktur und Nutzerkomfort, Regenerative Energieversorgung und -speicher und Antriebs- und Automatisierungstechnik. An den diversen iFE-Projekten sind zahlreiche namhafte Unternehmen verschiedener Branchen sowie Forschungseinrichtungen als Partner beteiligt. Derzeit wird federführend durch das iFE das Projekt „Postfossil Mobil NRW“ initiiert. Ziel ist ein technologieoffener Systemvergleich unterschiedlicher Fahrzeugantriebe und der zugehörigen Energieversorgungsketten. Weitere Infos: www.ife-owl.de

Forschungsradar neue Brennstoffe

Um die Vorteile flüssiger Brennstoffe langfristig nutzen zu können, wird an der Herstellung treibhausgasreduzierter Alternativen geforscht. Der Forschungsradar zeigt eine Auswahl öffentlich geförderter Projekte, die sich mit der Erforschung und Entwicklung alternativer flüssiger Brenn- und Kraftstoffe beschäftigt haben.

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