100 Jahre altes Mehr-Generationen-Haus erreicht Klimaziel schon heute

Im hohen Norden an der mecklenburgischen Ostseeküste zeigt Familie Jäniche, wie effektiver Klimaschutz bei Gebäuden funktioniert. Der Clou: Biofuels und Sektorkopplung.

Das Haus der Familie Jäniche ist ein echtes Traumhaus: In Sichtweite des Leuchtturms Buk in der Mecklenburger Bucht wohnen drei Generationen auf fast 500 Quadratmetern unter einem Dach. Eher einem Alptraum glich hingegen der hohe Heizölverbrauch von bis zu 10.000 Litern pro Jahr.

Daher beschlossen die Brüder Mathias und Thomas Jäniche, das 1902 gebaute Gebäude in Sachen Klimaschutz auf Vordermann zu bringen. Erst wurden die Außenwände gedämmt und alle Fenster und Türen erneuert. Dann kam die Ölheizung an die Reihe. Sie wurde mit effizienter Brennwerttechnik modernisiert. Zusätzlich liefert eine Solarthermieanlage Energie für die Warmwasserversorgung. Und ganz im Sinne der Sektorkopplung wird der Strom aus der hauseigenen Photovoltaik-Anlage zum Aufheizen des Heizungswassers verwendet, sofern er nicht an anderen Stellen im Haushalt benötigt wird.

Der Einsatz von treibhausgasreduziertem Heizöl ist bei alldem nur noch das i-Tüfelchen. In dem Bauernhaus wird im Rahmen eines Demovorhabens ein flüssiger Energieträger auf Basis regenerativer Rohstoffe verwendet, der dem klassischen Heizöl beigemischt ist. Hergestellt wird die regenerative Heizölkomponente vorwiegend durch die Hydrierung von Reststoffen biogenen Ursprungs, wie beispielsweise Altspeisefetten. Dieser sogenannte Biobrennstoff der zweiten Generation steht nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Das Gemisch aus konventionellem und erneuerbarem Heizöl kann problemlos in der vorhandenen Öl-Brennwerttechnik eingesetzt werden – zusätzliche Umbaumaßnahmen waren nicht erforderlich.

Bastorf Solaranlage nah

Bastorf PV

Bastorf Besitzer

Klimaschutz kostet Geld und braucht Anreize

Alle Maßnahmen zusammen haben die CO2-Emissionen des Gebäudes um rund 80 Prozent reduziert. Damit liegt das mehr als 100 Jahre alte Wohnhaus schon heute im Zielkorridor für das Klimaziel 2050. Natürlich hatte all das auch seinen Preis und es zeigt sich, dass effektiver Klimaschutz nicht zum Nulltarif zu haben ist.

Aber: Um die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen, ist ein ambitionierteres Vorgehen notwendig. Dieses umfasst insbesondere deutlich mehr Heizungsmodernisierungen und Maßnahmen an der Gebäudehülle sowie die Einbindung erneuerbaren Stroms in Öl-Hybridheizungen. Auch das Heben von Einsparpotenzialen durch die Digitalisierung im Gebäudebereich – Stichwort „Smart Home“ – wird zur Zielerreichung beitragen. Zusätzlich gewinnt der Einsatz treibhausgasreduzierter flüssiger Energieträger, die das fossile Heizöl zunehmend ersetzen, immer mehr an Bedeutung.

Technologieoffenheit ist Grundvoraussetzung

Angesichts der immensen Herausforderung ist es umso wichtiger, alle vorhandenen Potenziale zur Senkung von Treibhausgasemissionen konsequent und technologieoffen zu nutzen und schrittweise voranzugehen. Um die Energiewende im Gebäudebereich voranzubringen, braucht es von Seiten der Politik deshalb attraktivere Anreize für Hauseigentümer, wie zum Beispiel eine steuerliche Förderung energetischer Gebäudesanierungen einschließlich Heizungsmodernisierung. Zudem sollten derzeit abgeregelte regenerative Strommengen für die Wärmeversorgung in Hybridheizungen nutzbar werden, indem die regulatorischen Rahmenbedingungen im Strommarkt so angepasst werden, dass beispielsweise durch Preisanreize die Stromnachfrage gezielt dann angeregt wird, wenn sogenannter „Überschussstrom“ aus erneuerbaren Energien zur Verfügung steht.

Und last but not least brauchen wir geeignete Markteinführungsprogramme für regenerativ erzeugte flüssige Energieträger, um auch ihr Potenzial zur Treibhausgasminderung in allen Anwendungsbereichen ausschöpfen zu können.

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Hybrides Heizen mit Öl und PV-Strom

Hybridheizungen, die eine Öl-Brennwertheizung mit Photovoltaik (PV) kombinieren, sind voll im Trend. Es ist eine innovative Möglichkeit, Strom- und Wärmeversorgung in Wohngebäuden intelligent zu verbinden. Perspektivisch können dann außerdem Future Fuels das fossile Heizöl ersetzen.