Hamburger Hafen: Terminal für grünes Ammoniak geplant

Neben Wasserstoff selbst gelten Folgeprodukte, sogenannte Wasserstoff-Derivate, als wichtige Energieträger und chemische Vorprodukte für eine klimaneutrale Zukunft. Gerade weil sie vergleichsweise einfach zu speichern und zu transportieren sind. In Hamburg soll nun Deutschlands erstes großes Importterminal für grünes Ammoniak entstehen.
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Im Beisein von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (5. v.li.) und Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher (4. v.li.) wurde bekanntgegeben, dass im Hamburger Hafen ein Importterminal entstehen soll. Mit dabei:  der damalige Hamburger Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (1. v.li.), Jonathan Perkins (CEO von Mabanaft, 2. v.li.), Seifi Ghasemi (CEO von Air Products, 3. v.li.) und Christoph Witte (CEO von Marquard & Bahls, 3. v.re.), Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (2. v.re.) und Jens Meier (CEO Hamburg Port Authority, re.).

© Mabanaft

Auf dem Weg zu einem weltweiten Markt für „grüne Moleküle“ ist noch manche Herausforderung zu bewältigen. So gilt Wasserstoff, der mithilfe erneuerbaren Stroms durch Elektrolyse gewonnen wird, zwar als besonders aussichtsreicher Energieträger – doch ist dieses Element nicht ohne Tücken. Denn H2 hat eine geringe Energiedichte. Zur Speicherung sind daher Maßnahmen wie Verflüssigung oder Komprimierung notwendig. Das erfordert jedoch sehr tiefe Temperaturen von −252 Grad Celsius an abwärts beziehungsweise sehr starken Druck. Dergleichen ist zwar technisch machbar, verursacht aber entsprechende Kosten bei Lagerung und Transport.

Vorteile von Wasserstoff-Derivaten

Wasserstoff-Derivate wie Methanol oder Ammoniak sind da einfacher zu handhaben. Setzt man zum Beispiel Ammoniak moderat unter Druck, so kann der Kondensationspunkt vergleichsweise einfach erhöht werden. Bei 9 bar Druck steigt er auf 20 Grad Celsius, also Raumtemperatur. Darum kommt Ammoniak, bislang vor allem als Düngemittel genutzt, nicht nur als ein potenzieller Treibstoff für Schiffe in Betracht, sondern könnte auch als H2-Trägermedium genutzt werden. Dafür würde grüner Wasserstoff zunächst mittels Stickstoff in Ammoniak verwandelt werden. Das Ammoniak ließe sich sodann per Schiff relativ günstig auch in weit entfernte Orte transportieren. Es stände dort dann als Düngemittel oder Treibstoff zur Verfügung, könnte jedoch nach dem Transport auch wieder in reinen Wasserstoff und Stickstoff aufgetrennt werden.

Importstrukturen für Ammoniak

Genau das soll bald keine Zukunftsmusik mehr sein, denn in Hamburg wird nun ein erster Meilenstein für den Aufbau einer Import- und Vertriebsinfrastruktur für grünes Ammoniak in Angriff genommen. Die Unternehmen Air Products und Mabanaft, über die Tochtergesellschaft Oiltanking Deutschland, wollen in Deutschlands größtem Hafen ein Importterminal ansiedeln. Das wurde Ende 2022 im Beisein von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher feierlich bekanntgegeben. Die Ansiedlung soll direkt am bestehenden Mabanaft-Tanklager Blumensand erfolgen. Der Standort ermöglicht den strategischen Zugang zu grünem Ammoniak aus großen Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff, die Air Products und seine Partner auf der ganzen Welt betreiben. Absicht ist es, das Ammoniak über Air Products Anlagen in Hamburg in grünen Wasserstoff umzuwandeln, bevor es an Käufer vor Ort und in ganz Norddeutschland vertrieben wird.

Zusammenarbeit im Hamburger Hafen

„Air Products freut sich sehr über die Unterstützung und die zukunftsgewandte Führung der deutschen Regierung, und wir freuen uns darauf, gemeinsam mit Mabanaft diese Anlage voranzubringen, um die erforderliche Menge an erneuerbarer Energie nach Deutschland zu importieren“, so Seifi Ghasemi, Vorstand, Präsident und CEO von Air Products, anlässlich der Bekanntgabe des Projekts. „Wir freuen uns, bei der Entwicklung dieses Terminals mit Air Products, dem weltweit führenden Wasserstoffhersteller, zusammenzuarbeiten. Wir werden in der Folge erhebliche Investitionen tätigen und unsere Energieinfrastrukturkapazitäten und unser Know-how einsetzen, um die Energiewende in Hamburg als wichtigstem Einfallstor für den Import in Deutschland zu beschleunigen“, so Volker Ebeling, Senior Vice President New Energy, Chemicals & Gas bei Mabanaft. Die geplante Anlage wende sich der dringenden Aufgabe zu, verschiedene Komponenten des Mobilitätssektors und industrieller Verfahren zu dekarbonisieren und insbesondere einen klimabewussten Weg für die jeweiligen Kunden von Mabanaft und Air Products zu ebnen.

Zudem haben Mabanaft und Hapag-Lloyd AG ein Memorandum of Understanding (MoU) unterzeichnet, um Optionen für die Lieferung von Ammoniak als Bunkerkraftstoff an Hapag-Lloyd im und um den Hamburger Hafen sowie im Hafen von Houston, Texas zu prüfen. Im Rahmen dieser Initiative werden die Unternehmen die kommerziellen, technischen und regulatorischen Anforderungen bewerten und mit allen relevanten Stakeholdern in Kontakt treten. In einem zweiten Schritt wird eine ähnliche Bewertung für den Hafen von Houston durchgeführt werden.

Wasserstoffwirtschaft: Unterstützung vom Bund

Dass ein Markt für grüne Moleküle auch im Interesse der Bundesregierung ist, bekräftigte Wirtschaftsminister Habeck: „Wir müssen die Wasserstoffwirtschaft mehr denn je vorantreiben. Dazu bauen wir in Deutschland eine eigene Wasserstoffproduktion auf, benötigen aber natürlich auch Wasserstoff aus Importen. Eine beschleunigte Energiewende mit mehr Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien und der Hochlauf von grünem Wasserstoff sind die richtigen Antworten auf die russische Aggression und die richtigen Antworten, um Energiesicherheit, Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.“ Ziel ist es, über das neue Importterminal ab dem Jahr 2026 Deutschland mit grünem Wasserstoff zu versorgen. Die enormen Potenziale von Ammoniak als H2-Derivat hatte jüngst auch das das Kasseler Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik im Rahmen seines globalen PtX-Atlasses gezeigt.

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