Methanol: Grüne Moleküle für die Seeschifffahrt

Die Seeschifffahrt gehört zu den Bereichen, in denen erneuerbare Fuels als Energieträger der Zukunft unerlässlich sind, um die Klimaziele zu stemmen. Während die Flotten derzeit vor allem noch mit Schweröl und Diesel sowie erste Schiffe mit LNG (verflüssigtes Erdgas) betrieben werden, sollen künftig grüne Moleküle für Antrieb sorgen. Neben Ammoniak befindet sich dabei vor allem Methanol im Fokus des Interesses. Das erste Containerschiff mit entsprechendem Antrieb ist bereits vom Stapel gelaufen.

Thermomanagement von E-Autos

Nach einer kurzen Schwächephase infolge der Corona-Pandemie befindet sich der Welthandel wieder auf Wachstumskurs. Rund 90 Prozent des globalen Warenverkehrs erfolgen über den Seeweg. Vor allem die Container-Schifffahrt hat sich als große Erfolgsgeschichte entpuppt. Ein Erfolg, der jedoch nicht ohne Folgen für Umwelt und Klima blieb. Der Treibhausgasausstoß der globalen Seeschifffahrt ist heutzutage größer als der ganz Deutschlands. Diese Emissionen gehen auf vergleichsweise wenig Emittierende zurück, hauptausschlaggebend sind Schiffe ab einer Größe von 5.000 Bruttoregistertonnen.

Emissionen müssen sinken

Das Thema Klimaschutz steht daher seit Jahren auf der Agenda der Schifffahrtsbranche, nicht nur im Bereich der Passagierschiffe, deren Treibhausgasausstoß früh schon in die Kritik gerieten. Die Ziele sind klar: Langfristig soll auch die Container-Seefahrt möglichst klimaneutral werden. EU-Pläne sehen vor, die CO2-Emissionen des Schiffsverkehrs bis zur Mitte des Jahrhunderts schrittweise zu reduzieren und bis 2050 ein Minus von 80 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu erreichen.

Technisch wäre das machbar. Schon heute lassen sich die Emissionen beispielsweise durch eine Nachrüstung für den Betrieb mit noch fossilem LNG teilweise reduzieren. Zur Erreichung der Klimaziele ist der Einsatz grüner Kraftstoffe aus Power-to-X-Verfahren notwendig. Hier gelten vor allem die Wasserstoff-Derivate Methanol und Ammoniak als vielversprechende Anwärter. Zwar wäre grundsätzlich auch eine Schifffahrt auf Basis von verflüssigtem CO2-neutralem Wasserstoff eine denkbare Klimaschutzoption, doch diese wäre technisch anspruchsvoller. Wasserstoff wird erst bei Temperaturen von −252 Grad Celsius an abwärts oder durch sehr starken Druck flüssig. Das verteuert die Speicherung. Günstiger erscheint es da, den Wasserstoff chemische in Folgeprodukte umzuwandeln.

Leichter zu speichern als Wasserstoff

Methanol ist ein solches Folgeprodukt. Die Herstellung kann synthetisch mithilfe elektrischer Energie aus Wasserstoff und CO2 erfolgen. Sind die Kohlenstoffkreisläufe geschlossen und stammt der verwendete Strom aus erneuerbaren Quellen, kann so der Energieträger weitgehend klimaneutral eingesetzt werden. Gegenüber Wasserstoff hat Methanol dabei wichtige Vorteile: Es ist bei Raumtemperatur flüssig und hat eine deutlich höhere Energiedichte als Wasserstoffgas. Daher sind Lagerung und Transport mit wenig Aufwand und somit viel kostengünstiger möglich.
Diese und weitere Vorzüge sprechen für Methanol als einen künftigen Energieträger in der Schifffahrt. Ein unbedenklicher Einsatz, auch in Emissionskontrollgebieten mit strengsten Vorschriften, sichere Handhabung sowie relativ geringe Umrüstkosten für den Methanoleinsatz in Bestandsschiffen und Anpassungen in der Hafenlogistik (Lager- und Bunkerinfrastruktur) sprechen ebenso für Methanol. Die Internationale Schifffahrtsorganisation (International Maritime Organization, IMO) hat 2020 Methanol als Schifffahrtbrennstoff in ihre vorläufigen Richtlinien aufgenommen und damit der Verwendung dieses Wasserstoff-Derivats einen Schub gegeben.

Methanol oder doch Ammoniak?

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat in zwei Studien, 2021 und 2023, zunächst Ammoniak und dann Methanol als Schiffskraftstoffe der Zukunft untersuchen lassen. Das Ergebnis: Beide Energieträger haben das Potenzial, zum Erreichen der Klimaziele in der Seeschifffahrt beizutragen. Methanol weise dabei gegenüber Ammoniak jedoch deutlich geringere Umweltrisiken auf. Dennoch dürfte auch Ammoniak gute Perspektiven haben. Als Ausgangsprodukt für Düngemittel und andere Chemieprodukte wird es ohnehin benötigt, weswegen der Umgang mit dem Gas gut erprobt ist. Dazu kommt grünes Ammoniak chemisch ohne Kohlenstoff aus.

„Ammoniak oder Methanol – Duell um den künftigen Antrieb der Containerschiffe“ titelte im Dezember 2023 das „Handelsblatt“. Gut möglich, dass es am Ende auf ein Sowohl-als-auch, und nicht auf ein Entweder-oder hinausläuft. Denn dass beide Wasserstoff-Folgeprodukte als Schiffstreibstoffe großes Potenzial haben, zeigt auch eine Studie der ETH Zürich aus dem Jahr 2022. Sie verweist allerdings auch darauf, dass durch den Einsatz synthetischer, klimaschonender Energieträger die Kosten im Vergleich zur Nutzung fossiler Produkte spürbar steigen werden.

„Laura Maersk“ fährt schon mit Methanol

Das schreckt die Branche offenkundig nicht ab. Im August vergangenen Jahres bestellte zum Beispiel die schwedisch-norwegische Reederei Wallenius Wilhelmsen vier neue Schiffe bei der chinesischen Jinling-Werft, die mit Methanol betrieben werden können und gegebenenfalls auch auf Ammoniak umrüstbar wären. Kurz darauf, im September, erfolgte der Stapellauf der „Laura Maersk“, für den sogar die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, als Taufpatin zur Großreederei Möller-Maersk nach Kopenhagen kam. Die „Laura Maersk“ gilt als erstes Containerschiff der Welt, das mit einem Methanol-Motor angetrieben wird. Mit 172 Metern Länge und Platz für 2100 TEU (Twenty-foot equivalent unit) von noch eher bescheidenen Dimensionen, soll sie vor allem in der Ostsee eingesetzt werden. Das nächste methanolgetriebene Schiff von Möller-Maersk soll mit einer Kapazität von 16.000 TEU deutlich größer werden und zwischen China und Europa verkehren. Die Indienststellung ist für Februar dieses Jahres vorgesehen. Bis zum Ende des Jahrzehnts plant Möller-Maersk mit 25 methanolbetriebenen Schiffen, die dann 2,75 Millionen Tonnen CO2 einsparen sollen.

Mabanaft und TUI Cruises vereinbaren Absichtserklärung

Auch das Kreuzfahrtunternehmen TUI Cruises bereitet sich auf den Einsatz grüner Treibstoffe vor. Einen potenziellen Partner hat man mit dem Energiehandelshaus Mabanaft gefunden. Beide Unternehmen haben im Januar 2024 eine Absichtserklärung (MoU) unterzeichnet, die die Lieferung von grünem Methanol umfasst. Denn im Sommer dieses Jahres will TUI Cruises mit „Mein Schiff 7“ einen ersten Kreuzfahrer in Dienst stellen, der auf den Betrieb von Methanol ausgelegt ist und der perspektivisch auch mit grünem Methanol fahren könnten. In den kommenden Jahren plant TUI Cruises seine Flotte in Deutschland um weitere so genannte Dual-Fuel-Methanol-fähige Kreuzfahrtschiffe zu ergänzen.

Produktion von E-Methanol

Im September 2023 fand auch der Start des Horizont-Europa-Projekts Poseidon statt, das sich auf die Produktion und den Einsatz von synthetischem Methanol (E-Methanol) als Treibstoff in der Schifffahrt konzentriert und den klimaschonenden Kraftstoff in EU-Häfen sowie damit verbundene Schlüsseltechnologien wie E-Methanol-Produktionsanlagen und Schiffsmotoren weiter etablieren will. Beteiligt sind 19 Organisationen aus sieben EU-Ländern.

Planungssicherheit für Investoren nötig

Auch der NABU sieht das Haupthindernis für den Markthochlauf in der großen Menge an erneuerbarer Energie, die für die Herstellung benötigt wird. Zur Überwindung dieser Herausforderung seinen Regulierungen notwendig, die die Nachfrage erhöhen, Planungssicherheit für Erstanbieter und Investoren schaffen und die Treibhausgasemissionen (THG) mit einem Preisschild versehen. Ähnlich ist die Einschätzung des Wirtschaftsverbands Fuels und Energie – en2x: Bei neuen Technologien seien die ersten Anlagen meist die teuersten. Dem damit einhergehenden „First-Mover-Disadvantage“ könnte jedoch entgegengewirkt werden, etwa über eine garantierte Vergütung produzierter Mengen über einen längeren Zeitraum, die über Ausschreibungen im Wettbewerb ermittelt werde. Neben den notwenigen Produktionsanlagen an weltweiten Gunststandorten insbesondere für Wind- und Solarstrom sind zudem Investitionen in die Transport-, Verlade- und Lagerkapazitäten für Methanol erforderlich, damit ein weltweiter Markthochhochlauf gelingen kann.

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