reFuels: Synthetische Kraftstoffe sind alltagstauglich

Alternative Kraftstoffe, wie sie unter anderem im Projekt „reFuels – Kraftstoffe neu denken“ erprobt wurden, haben das Zeug zum Gamechanger im Kampf gegen den Klimawandel – so bewerten zumindest die Projektpartner die Ergebnisse ihres großangelegten Anwendungstests.

reFuels: Synthetische Kraftstoffe sind alltagstauglich

Die Anwendungsmöglichkeiten von reFuels reichen von Pkw über Spezialfahrzeuge bis hin zu Bahnantrieben.
Foto: Markus Breig und Amadeus Bramsiepe, KIT

„Flüssige Kraftstoffe werden im Mobilitäts-Mix noch länger erforderlich sein, etwa im Bereich des Langstrecken-Schwerlastverkehrs, der Schiff- und Luftfahrt, aber auch in der Bestandsflotte der Pkw. Hier können synthetische Kraftstoffe eine komplementäre Lösungsmöglichkeit zur ‚Defossilisierung‘ des Verkehrs bieten“, ist Dr. Uwe Wagner vom Institut für Kolbenmaschinen (IFKM) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) überzeugt. In dem „reFuels“-Projekt mit Partnern aus der Wirtschaft haben die Forschenden des KIT in umfangreichen praxisnahen Anwendungstests bewiesen, dass synthetisch hergestellte Fuels auf Basis erneuerbarer Energien in fast allen herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor eingesetzt und in absehbarer Zeit in großen Mengen hergestellt werden können.

Die wichtigsten Ergebnisse: Alternative Fuels ermöglichen eine bis zu 90-prozentige CO2-Reduktion gegenüber herkömmlichen Treibstoffen. Außerdem erlauben sie die weitere Nutzung der bestehenden Fahrzeugflotten mit Verbrennungsmotor sowie der gesamten bestehenden Tank-Infrastruktur für Flüssigkraftstoffe – von der Herstellung über den Transport bis zum Vertrieb.

Praxistests zeigen positive Ergebnisse

„Die bisher bei uns untersuchten reFuels-Kraftstoffgemische halten bestehende Kraftstoffnormen für Benzin- und Dieselkraftstoffe ein. Bei Anwendungstests in Pkw der Bestandsflotte konnten wir bei reFuels keine nachteiligen Eigenschaften feststellen. In einzelnen Fällen zeigten sich hinsichtlich der Schadstoffemissionen sogar leichte Vorteile – sowohl bei den Diesel- als auch den Benzinfahrzeugen“, fasst Wagner die bisherigen Ergebnisse der RDE-Fahrten (Real Driving Emissions) mit kommerziell erhältlichem R33 und am KIT synthetisiertem G40 zusammen. R33 ist ein Dieselkraftstoff, der zu 33 Prozent aus biogenen Rohstoffen (26 Prozent hydrierte Pflanzenöle, kurz HVO, und sieben Prozent Biodiesel) besteht. Bei G40 handelt es sich um Benzin mit 40 Prozent regenerativen Anteilen (30 Prozent Methanol-to-Gasoline, kurz MtG, und 10 Prozent Ethanol).

Das Forscherteam untersuchte bei RDE-Fahrten in Karlsruhe und Umgebung, wie sich reFuels im realen Fahrbetrieb verhalten. Diese Fahrten fanden auf Streckenabschnitten in der Stadt, auf der Landstraße und der Autobahn statt, die aktuellen gesetzlichen Vorgaben zur Zertifizierung von Neufahrzeugen entsprechen. Für die Testfahrten des KIT kamen vier verschiedene Pkw zum Einsatz. Zudem wurden Flottentests mit sechs Lkw durchgeführt. Diese haben mit dem Kraftstoff C.A.R.E Diesel® aus 100 Prozent kommerziell verfügbarem HVO über 350 000 Kilometer zurückgelegt. „Auch hier zeigten die Ergebnisse keinerlei Probleme in der Anwendung“, sagt Wagner. Für weitere Tests ist eine Ausweitung der Flotte und eine Verlängerung des Dauerlaufs bis 2024 geplant. „Auch Versuche an einem Bahnmotor mit R33 und reinem HVO zeigten dieselben Ergebnisse wie die Straßenversuche“, so der Experte.

Baden-Württembergs Verkehrsminister fordert: „Wir brauchen dringend reFuels für die Verkehrswende“

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) drängt auch aufgrund dieser Ergebnisse, auf mehr Tempo bei der Umsetzung von reFuel-Projekten im industriellen Maßstab und fordert eine schnellere Bereitstellung von Fördermitteln. „Zum Erreichen der ambitionierteren Klimaziele im Land, beim Bund, bei der EU brauchen wir reFuels dringend und sehr zeitnah. Diese Kraftstoffe sind im reFuels-Projekt am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) bereits ausreichend erforscht. Sie sind in der praktischen Anwendung erprobt. Wir müssen aus dem Forschungsmaßstab in die industrielle Massenproduktion. Fachleute nennen das Hochskalierung.“
Seit Januar 2019 fördert das Land im Rahmen des Strategiedialogs Automobilwirtschaft Baden-Württemberg das Projekt „reFuels – Kraftstoffe neu denken“ am KIT mit fünf Millionen Euro. An dem Projekt „reFuels“ beteiligen sich außerdem namhafte Partner aus der Automobil- und Zulieferindustrie sowie der Mineralölwirtschaft mit weiteren 15 Millionen Euro.

Raffinerie als Demonstrationsstandort

Als Teil des Projektes wurde die Konzeption einer Demonstrationsanlage auf dem Gelände der Mineralölraffinerie Oberrhein (MiRO) für reFuels mit bis zu 50.000 Tonnen Produktionsvolumen pro Jahr erstellt. Die Anlage soll als „Raffinerie der Zukunft“ alle Kraftstoffarten – Kerosin, Diesel, Benzin – und Nebenprodukte wie Naphtha auf erneuerbarer Basis erzeugen. Eine Konzeption für die Produktion von Methanol steht vor dem Abschluss. 2020 wurde eine erste Projektskizze beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur eingereicht. Wenn die Anlage mit Fördermitteln und mit Mitteln der Wirtschaft realisiert wird, wäre der nächste Schritt eine Anlage im großindustriellen Maßstab im Ausland.

1 Kommentar

  1. Joern Pütz

    Im Namen meines Vaters, dem Wissenschaftsjournalisten Jean Pütz, erlaube ich mir diesen Kommentar zu posten.

    Ein interessanter Artikel, aber alles das ist ja eigentlich schon bekannt, nur dass es notwendig ist im großen Maßstab mit den efuels zu beginnen. Aber das ist alles auf der Basis beispielsweise von nachwachsenden Rohstoffen und so weiter, die eine Konkurrenz bilden zu Nahrungsmitteln. Deswegen ist die einzige Möglichkeit es auch aus Wasserstoff zu gewinnen, und zwar durch Methanol, durch Recycling von CO2 oder durch Abfangen aus der Atmosphäre, und aus dem Methanol werden dann diese refuels erzeugt. Dabei kann wie man beim Diesel und beim Benzin durchaus eine große Menge direkt an Methanol hinzu zugeführt werden. Ich LADE SIE HERZLICHST EIN, seine letzte, zum Thema relevante Publikation zu lesen.
    https://jean-puetz.net/praktische-und-oekologische-vorteile-von-gruenem-methanol.
    Mit freundlichen Grüßen
    Joern Pütz
    Universität Strasbourg
    im Namen von Jean Pütz (Wissenschaftsjournalist ehemals WDR)

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