Wärmewende: Klimaschutz auch mit flüssigen Brennstoffen möglich

Im Gebäudebereich sind vielfältige Lösungsansätze gefragt, um den Klimaschutz voranzubringen. Demo-Objekte zeigen: Häuser, die heute mit flüssigen Energieträgern versorgt werden, können – auch ohne Systemwechsel – die gesetzten Ziele erreichen.

Thermomanagement von E-Autos

Der Klimaschutz wird hierzulande nur erfolgreich sein, wenn auch im Gebäudebereich die Treibhausgasemissionen drastisch sinken. Allein 33,5 Prozent des Endenergieverbrauchs entfallen auf Raumwärme und Warmwasser. Insgesamt gibt es deutschlandweit etwa 21,2 Mio. Wärmeerzeuger. Davon sind 14,1 Mio. Gasheizungen, rund 5,1 Mio. Ölkessel und 650.000 Flüssiggasheizungen. Obwohl gerade im Neubau in den vergangenen Jahren vermehrt Strom-Wärmepumpen montiert wurden, wird der Wärmemarkt also noch immer von molekülbasierten Brennstoffen dominiert. Der Gesamtanteil erneuerbarer Energien in der Wärmeversorgung beträgt derzeit lediglich 17 Prozent.

Mit erneuerbaren Energien im Wärmemarkt zur Wärmewende

Im Zuge der Wärmewende muss der Anteil erneuerbarer Energien für die Gebäudebeheizung bis 2045 auf 100 Prozent steigen, denn ab dann hat Deutschland zur Klimaneutralität verpflichtet. Dazu werden unterschiedliche Lösungen favorisiert. Absehbar ist, dass im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser durch Wärmepumpen im Gebäudebereich, wie auch im Pkw-Verkehr, die Elektrifizierung deutlich zunehmen wird. In Städten, vor allem in Bereichen mit hoher Wohndichte, ist zudem eine Erweiterung und verstärkte Nutzung der (Fern-)Wärmenetze zu erwarten.

Gerade Gebäude, die mit Heizöl oder Flüssiggas versorgt werden, befinden sich jedoch zumeist am Rand von Ballungsgebieten oder ganz im ländlichen Raum. Finanzielle Aspekte und fehlende Wärmenetze sprechen oft gegen eine komplette Umstellung des Heizsystems oder eine umfangreiche Sanierung des Hauses. Dennoch müssen auch diese Gebäude bis 2045 treibhausgasneutral beheizt werden. Im novellierten Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist festgelegt, wie Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden dazu beitragen sollen, dieses Ziel zu erreichen.

Neues GEG regelt Wärmewende

Das seit dem 1. Januar 2024 geltende GEG schreibt bei der Erneuerung einer Heizung in einem Bestandsgebäude vor, dass 15 Prozent erneuerbare Energien ab 2029, 30 Prozent ab 2035 und 60 Prozent ab 2040 genutzt werden müssen, sofern zum Zeitpunkt des Heizungsaustausches noch keine kommunale Wärmeplanung vorliegt. Falls bereits eine kommunale Wärmeplanung vorhanden ist, muss die Nutzung von 65 Prozent erneuerbarer Energie spätestens fünf Jahre nach Beginn der Heizungsmodernisierung erfolgen.

Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen eine kommunale Wärmeplanung bis 1. Juli 2026 vorlegen; kleinere Gemeinden haben dafür zwei Jahre länger Zeit. Ab Ende 2044 dürfen keine fossilen Brennstoffe mehr eingesetzt werden. In Neubauten müssen Heizungen bereits seit 1. Januar 2024 zu mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen.

Wärmewende ist eine große Herausforderung

Die in den Medien und der Öffentlichkeit zum Teil sehr emotional geführte Debatte um das GEG hat gezeigt, wie herausfordernd die Transformation des Wärmemarktes ist. Geschuldet ist dies insbesondere der enormen Diversität: Unterschiede in Sachen Siedlungsstruktur und Bausubstanz treffen auf eine enorme Vielfalt individueller Ansprüche und Möglichkeiten. Hinzu kommt: Energetische Modernisierungsmaßnahmen, von denen der Heizungstausch nur ein Teil ist, können Kosten im hohen fünfstelligen oder sogar im sechsstelligen Bereich verursachen. Geld, über das viele Menschen gar nicht verfügen oder das sie zur Altersabsicherung vorgesehen haben.

Vor diesem Hintergrund und nach langen Diskussionen ermöglicht das GEG daher eine breite Auswahl an Erfüllungsoptionen im Modernisierungsfall. Für Heizöl- oder Flüssiggaskundinnen und -kunden, die auch weiter auf einen speicherbaren Energieträger im eigenen Tank setzen wollen, kann der erneuerbare Anteil an der Wärmerzeugung so beispielsweise durch den Einbau einer Hybridheizung, bestehend aus einem Heizkessel für flüssige oder gasförmige Brennstoffe und einer Wärmepumpe erbracht werden. Ebenso können die Vorgaben mit einem neuen Brennwertgerät und dem Einsatz eines Flüssigbrennstoffes mit einem entsprechenden erneuerbaren Anteil erfolgen. Bei Kombination mit einer Solarthermie-Anlage für Heizung und Warmwasser wird die gewonnene Solarwärme anteilig auf die erforderliche Erneuerbaren-Quote angerechnet.

Thermomanagement von E-Autos

Demo-Vorhaben mit „grünem Heizöl“

Wie Lösungen in Kombination mit flüssigen Energieträgern erfolgreich funktionieren können, zeigen bereits seit Jahren einschlägige Umsetzungen in der Praxis. So haben bundesweit rund 20 ausgesuchte Wohnhäuser mittlerweile drei Heizperioden mit „grünem“ Heizöl hinter sich – und das mit Erfolg. Im Rahmen eines groß angelegten Demo-Vorhabens haben der en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie und der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) in verschiedenen Regionen getestet, wie der CO2-Fußabdruck von Heizungen, die mit flüssigen Brennstoffen betrieben werden, reduziert werden kann. Im Rahmen des 2020 gestarteten Demo-Vorhabens wurden dem Brennstoff erneuerbare Komponenten beigemischt. Die Heizungsanlagen wurden dafür zunächst mit einer Mischung aus normalem schwefelarmem Heizöl, sieben Prozent Fettsäuremethylester (FAME) und 26 Prozent hydrierten Pflanzenölen (HVO) betankt. Das macht insgesamt 33 Prozent erneuerbare Anteile im herkömmlichen Heizöl – und eine erhebliche Einsparung an Treibhausgasemissionen. Im Laufe des Vorhabens wurde die Quote des „grünen“ Anteils der Beimischung dann hochgesetzt. In der dritten Heizperiode wurden, orientiert an den Vorgaben des GEG, dem herkömmlichen Heizöl 65 Prozent HVO beigemischt. Während des Untersuchungszeitraumes wurden die Heizungsanlagen weder technische Anpassungen vorgenommen noch Wartungsarbeiten durchgeführt. Überprüfungen der Anlagen erfolgten jeweils am Ende der Heizperiode mit einem positiven Ergebnis: Es gab keine brennstoffbedingten Mängel oder gar Heizungsausfälle.

Hybridsystem aus Öl-Brennwerttechnik, Wärmepumpe und Photovoltaik

Eines der am Demovorhaben beteiligt Objekte ist das Eigenheim der Familie Korell im hessischen Alsfeld. Es zeigt, wie ein typischer Bestandsbau auch in kleineren Schritten modernisiert werden kann. Das ursprüngliche Siedlungshaus aus den 50er-Jahren wurde 1979 um einen großzügigen Anbau ergänzt. Die jetzige Wohnfläche von rund 245 Quadratmetern ist aufgeteilt auf zwei Haushalte mit insgesamt fünf Personen. Seit 2018 sorgt ein Hybridsystem – bestehend aus Öl-Brennwertheizung, Photovoltaikanlage und Warmwasser-Wärmepumpe – für Wärme im gesamten Gebäude. Der Photovoltaikstrom kann für Beleuchtung oder den Betrieb von Haushaltsgeräten wie Wasch- oder Spülmaschine, aber auch zur Erwärmung des Trinkwassers genutzt werden. Die dafür nötige Wärmepumpe wird nur dann aktiviert, wenn ein Überschuss an Solarstrom vorhanden ist, der sonst ins Stromnetz eingespeist werden würde.

Ist gerade kein solcher Strom vorhanden, wird für die Trinkwassererwärmung das Öl-Brennwertgerät aktiviert. Beim Öl-Hybridsystem ist der flüssige Energievorrat im Tank die stets verfügbare Reserve, wenn nicht genügend Solarstrom für die Wärmeversorgung zur Verfügung steht. Hier kommt bei Korells seit einigen Jahren nun treibhausgasreduziertes Heizöl zum Einsatz.

Bilanzielle Erfüllbarkeit sinnvoll

Mittlerweile sind viele Geräte für flüssige Brennstoffe für erneuerbare Energieträger ausgelegt. Ein spezielles „Green Fuels Ready“-Label kennzeichnet als Kundeninformation solche Heizungsanlagen, Tanks und Komponenten, die bis zu 100 Prozent mit erneuerbaren flüssigen Brennstoffen, also auch in Mischungen mit fossilen flüssigen Brennstoffen, betrieben werden können – ein wichtiges Kriterium für die Kaufentscheidung. Weitere Beispiele von Wohngebäuden, in denen bereits erneuerbares Heizöl zum Einsatz kommt, sind auf www.zukunftsheizen.de zu finden.

Die brennstoffseitige Erfüllung des GEG kann also durch entsprechende Beimischung von Heizöl mit erneuerbaren Anteilen oder durch die entsprechende Verwendung von biogenem Flüssiggas bewerkstelligt werden. Eine gute Nachricht für die Wärmewende. Jedoch besteht aus Sicht der Energiebranche noch Optimierungsbedarf. „Sinnvoll wäre es allerdings, wenn die nachgefragte Menge nach den alternativen flüssigen Brennstoffen – wie z. B. bei der Erdgasversorgung – von den Brennstoffanbietern auch bilanziell erfüllt werden kann“, meint Dr. Ernst-Moritz Bellingen, Leiter Wärmemarkt bei en2x. „Dann muss unverändert die vom Gesetzgeber geforderte Gesamtmenge erneuerbarer Energien in den Wärmemarkt geliefert werden, es müsste aber nicht jeder vom Kunden individuell bestellte erneuerbare Anteil an genau diesen Kunden ausgeliefert werden. Das würde Kosten reduzieren und die Akzeptanz der Wärmewende seitens der Kunden erhöhen.“

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert