Wasserstoffhochlauf

In Serie hergestellte Elektrolyseure sind notwendig, um grünen Wasserstoff wettbewerbsfähig zu machen. Erste industrielle Fertigungen gehen in Deutschland an den Start.

Thermomanagement von E-Autos

Rund 1,7 Mio. Tonnen grauer Wasserstoff werden derzeit in Deutschland verarbeitet. Wie hoch genau Deutschlands Bedarf an grünem Wasserstoff zukünftig sein wird, ist derzeit noch offen. Unstrittig ist, dass der Bedarf mehrere Millionen Tonnen Wasserstoff jährlich betragen wird. Dazu braucht es große Kapazitäten an leistungsfähigen, skalierbaren und kostengünstigen Elektrolyseuren. So rechnet der Nationale Wasserstoffrat in seiner jüngsten Analyse für das Jahr 2030 mit einem Gesamtbedarf in Höhe von 56 bis 93 Terawatt (TWh) Wasserstoff und einer benötigten Elektrolyseleistung von 23 bis 39 Gigawatt, ohne dass eine Aussage getroffen werden kann, ob diese im In- oder Ausland installiert werden müssten. Hierbei ist der Ersatz von konventionellem (grauem) Wasserstoff, der bereits heute vor allem in der Chemieindustrie verwendet wird, durch grünen Wasserstoff nicht inkludiert. Die nationale Wasserstoffstrategie geht bislang noch von 10 Gigawatt (GW) Elektrolyseleistung in Deutschland bis zum Jahr 2030 aus.

Zwar sind bereits heute leistungsfähige Elektrolyseure am Markt – allerdings erfolgt ihre Herstellung noch immer größtenteils in Handarbeit. Die damit einhergehenden hohen Preise für Elektrolyseure sind einer der Gründe, warum die Produktion von Wasserstoff noch teuer ist. Deshalb ist die serielle Fertigung der Elektrolyseanlagen essenziell für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und den Hochlauf der Produktion von grünem Wasserstoff. Die ersten Schritte vom kostenintensiven Manufakturbetrieb mit kleinen Stückzahlen zur industriellen Fertigung haben einige der Unternehmen aus Deutschland bereits vollzogen oder wollen diese in nächster Zukunft umsetzen. Maßgeblich unterstützt werden sie dabei unter anderem durch Förderprogramme des Bundes, etwa dem H2Giga-Programm sowie durch Programme der Bundesländer zum Aufbau der Wasserstoffwirtschaft.

Elektrolyse-Technologie für industrielle Wasserstofferzeugung – einige Beispiele

Am Standort Duisburg baut Thyssenkrupp Nucera beispielsweise bereits seit langem Elektrolyseanlagen für die chemischen Industrie und sieht sich mit mehr als 10 GW installierter Leistung als weltweit führender Anbieter für die Chlor-Alkali-Elektrolyse. Darauf aufbauend bietet das Unternehmen auch alkalische-Wasserelektrolyseure für die industrielle Produktion von grünem Wasserstoff an. Standardmodule mit einer Leistung von jeweils 20 Megawatt (MW) können verschaltet werden, um große Anlagenkapazitäten mit mehreren hundert Megawatt bis hin zu Gigawatt zu realisieren. Zusammen mit Shell plant und errichtet das Unternehmen eine 200 MW Wasserstoffanlage im Hafen von Rotterdam. Eine Elektrolyseanlage mit mehr als 2 GW soll im Rahmen des Zukunftsstadtprojekts NEOM in Saudi-Arabien installiert werden.

Siemens Energy will im großen Stil in Berlin und Mülheim produzieren

Die im Zuge einer Umstrukturierung der Siemens AG in Frühjahr 2020 gegründete Siemens Energy AG stellt unter anderem PEM-Elektrolyseanlagen im höheren dreistelligen Megawatt-Bereich her, die laut Unternehmensangaben mehrere Tonnen grüner Wasserstoff pro Stunde produzieren sollen können. Für 2023 hat das Unternehmen den Produktionsstart für PEM-Elektrolysezellen und deren Verbindung zu Stack-Modulen in einer neuen Fabrik in Berlin angekündigt. Bislang geschieht dies weitgehend in Handarbeit in Erlangen. Die Endmontage zu Elektrolyseeinheiten soll in Deutschland am Siemens Energy-Standort Mülheim erfolgen. Sie lasse sich aber auch durch andere Partner vor Ort ausführen. So etwa für zwei der größten Wasserstoff-Projekte, die derzeit in Europa geplant sind: die eMethanol-Herstellungsanlage der Großreederei Maersk in Kassoe, Dänemark (geplante Leistung: 50 Megawatt) und das Normand´Hy-Projekt des Gasproduzenten Air Liquide an der französischen Atlantikküste (geplant: 200 Megawatt).

Auch Bosch will in die Serienfertigung von Stacks einsteigen

Neben Thyssenkrupp und Siemens wird ein weiteres Schwergewicht aus Deutschland einsteigen. Angesichts des absehbar enormen Bedarfs an grünem Wasserstoff und dafür nötiger Elektrolyseure hat auch der Elektrogeräte- und Autozuliefererkonzern Bosch große Pläne für den Einstieg in das Geschäft mit Elektrolysetechnik. Von 2025 an will Bosch Elektrolyse-Stacks in hohen Stückzahlen an Hersteller von Elektrolyseanlagen und Industriedienstleister liefern. Im laufenden Jahr sollen erste Anlagen in Betrieb gehen. Vorgesehen sind Stacks bis 10 Megawatt Leistung für kleinere Anlagen wie Module im Gigawattbereich für Großanlagen. Der Konzern Bosch ist in der Lage seine Stacks in Masse zu fertigen und kann so große Skaleneffekte erzielen. Geplant sind mehrere Produktionen an europäischen Standorten des Unternehmens. Das neue Geschäftsfeld sei für Bosch angesichts des absehbaren Rückgangs im Automobilbereich eine gute Chance, Beschäftigung zu sichern.

Sunfire nutzt das Potenzial erfahrener Serienfertiger

Das in Dresden ansässige Unternehmen Sunfire hat im März dieses Jahres mit der Serienfertigung seiner Druck-Alkali-Technologie in Solingen (NRW) begonnen. Dazu hat Sunfire den Solinger Galvanik-Spezialisten MTV übernommen. Dort erhalten die Zellen der Druck-Alkali-Elektrolyseure in einer automatisierten Produktion eine spezielle metallische Beschichtung, die laut Unternehmensangaben entscheidend für die Effizienz und Langlebigkeit der Elektrolyseure sei. In Solingen stellt das Unternehmen allerdings nur die einzelnen Bauteile der künftigen Elektrolyseanlage her. Diese werden im Anschluss nach Chemnitz transportiert, wo sie von dem Automobilzulieferer Vitesco Technologies zu Stacks bestehend aus einer Vielzahl von einzelnen Zellen gestapelt werden. „Interessanterweise brauchen wir zur Fertigung von Elektrolyseuren ganz ähnliche Kompetenzen wie die Automobilindustrie“, so Sunfire-Chef Nils Aldag zur Zusammenarbeit mit Vitesco. Das Unternehmen verfüge über jahrzehntelange Erfahrung in der Serienfertigung. Im Zuge der Transformation traditioneller Industrien biete die rasant wachsende Wasserstoffbranche neue Perspektiven. Mit MTV und Vitesco könne Sunfire Alkali-Elektrolyseure mit einer Gesamtkapazität von jährlich 500 MW zu produzieren. Der Ausbau auf Gigawatt-Maßstab sei in Planung, heißt es vom Unternehmen.

H-Tec-Systems will ab 2024 PEM-Elektrolyse-Stacks in Serie produzieren

Eine weitere Serienfertigung soll in Hamburg Rahlstedt entstehen. Das Unternehmen H-Tec-Systems, eine Tochter von MAN Energy Solutions (Augsburg), hat jüngst den Startschuss für den Bau einer Produktionsstätte für PEM-Elektrolyse-Stacks gegeben. In dem neuen Werk könnten ab 2024 die ersten Elektrolyse-Stacks mit einer Gesamtkapazität von bis zu fünf GW vom Band gehen, teilte das Unternehmen mit. Am Hauptstandort Augsburg werden die Stacks in modular aufbaubaren Elektrolyseuranlagen unterschiedlicher Leistung verbaut. So bietet das Unternehmen für die industrielle Wasserstoffproduktion standardisierten Blöcke mit einer Elektrolyseleistung von 10 MW an, die sich zu Systemen mit einer Elektrolyseleistung von 100 MW und mehr kombinieren lassen (Modular Hydrogen Platform, MHP). Die Systeme erreichen nach Unternehmensangaben einen Wirkungsgrad von 77 Prozent (<51kWh/kg) bei 30 bar.

Das in Dresden ansässige Unternehmen Sunfire hat im März dieses Jahres mit der Serienfertigung seiner Druck-Alkali-Technologie in Solingen (NRW) begonnen. Dazu hat Sunfire den Solinger Galvanik-Spezialisten MTV übernommen. Dort erhalten die Zellen der Druck-Alkali-Elektrolyseure in einer automatisierten Produktion eine spezielle metallische Beschichtung, die laut Unternehmensangaben entscheidend für die Effizienz und Langlebigkeit der Elektrolyseure sei. In Solingen stellt das Unternehmen allerdings nur die einzelnen Bauteile der künftigen Elektrolyseanlage her. Diese werden im Anschluss nach Chemnitz transportiert, wo sie von dem Automobilzulieferer Vitesco Technologies zu Stacks bestehend aus einer Vielzahl von einzelnen Zellen gestapelt werden. „Interessanterweise brauchen wir zur Fertigung von Elektrolyseuren ganz ähnliche Kompetenzen wie die Automobilindustrie“, so Sunfire-Chef Nils Aldag zur Zusammenarbeit mit Vitesco. Das Unternehmen verfüge über jahrzehntelange Erfahrung in der Serienfertigung. Im Zuge der Transformation traditioneller Industrien biete die rasant wachsende Wasserstoffbranche neue Perspektiven. Mit MTV und Vitesco könne Sunfire Alkali-Elektrolyseure mit einer Gesamtkapazität von jährlich 500 MW zu produzieren. Der Ausbau auf Gigawatt-Maßstab sei in Planung, heißt es vom Unternehmen.

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Stack – Herzstück der Elektrolyseure

Elektrolyse-Stacks kommen überall dort zum Einsatz, wo große Mengen Wasserstoff in kurzer Zeit gewonnen werden sollen. Der Stack ist ein Stapel mehrerer Hundert einzelner Zellen. Er ist das Herzstück von Elektrolyseuren wie auch von Brennstoffzellen. In jeder der in Serie geschalteten Elektrolyseur-Zellen wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Eine Brennstoffzelle dagegen bringt die beiden Gase wieder kontrolliert zusammen, wobei elektrische Energie entsteht. Die Elektrolyse ist also die Umkehrung des chemischen Prozesses, der in Brennstoffzellen abläuft.

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Anbieter von Elektrolyseuren setzen auf der Wasserstoffhochlauf

Angetrieben von den Klimaschutzzielen und der damit verbundenen Transformationsaufgabe in der Sektoren Industrie, Verkehr, Energieerzeugung und Wärme entwickelt sich der Anbietermarkt für Elektrolyseure rasant bzw. dynamisch. Zu den Unternehmen, die bereits längere Erfahrung im Elektrolyseanlagenbau haben, sind viele neue Unternehmen hinzugekommen. Neugründungen, Übernahmen und Fusionen machen eine Gesamtübersicht der Hersteller und ihre Elektrolysemodelle schwierig, zumal nicht alle Unternehmen an entsprechenden Herstellerumfragen teilnehmen oder relevante Daten wie elektrische Eingangsleistung, Produktionskapazität und Effizienz nicht veröffentlicht werden. Eine Marktübersicht des Internetportals „Power-to-X.de“ von September 2022 listet 17 Anlagenbauer, die insgesamt 92 Elektrolyseurvarianten mit Nennleistungen von 1 Kilowatt bis 100 Megawatt anbieten. In Deutschland, das noch zu den führenden Standorten der Elektrolysetechnologie zählt, gehören dazu Unternehmen wie Thyssenkrupp Nucera, Engineers Siemens Energy, Sunfire oder H-Tec-Systems. Die Unternehmen berichten allenthalben über neue, meist staatlich geförderte Anlagenprojekte, über beachtliche Skalierungserfolge und Produktionsausweitungen. Es geht offenkundig voran. Für den vielbeschworenen Wasserstoffhochlauf hapert es aber aus Sicht der Industrie allerdings noch an verlässlichen regulatorischen Rahmenbedingungen, die für die beträchtlichen Investitionen unerlässlich sind.

Überarbeitete Wasserstoffstrategie soll Rahmenbedingungen verbessern

Hier soll die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie, die derzeit innerhalb der Bundesregierung abgestimmt wird, deutliche Fortschritte bringen. Laut dem Innovationsbeauftragten der Bundesregierung für grünen Wasserstoff, Till Mansmann (FDP), werden unter anderem die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt. Auch sei geplant, die Elektrolysekapazitäten für Deutschland (derzeit 10 Gigawatt bis 2030) zu erhöhen. „Wir sind also auf einem guten Weg. Und Sie merken am Ziel der höheren Elektrolysekapazitäten: Wir sind überzeugt davon, dass die deutsche Wasserstoffwirtschaft in Gang kommt“, so Mansmann in einem Interview von energate messenger.

 

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